Die Presse

Weshalb sinkt der Yen noch immer?

Obwohl auch in Japan die Zinsen erstmals wieder angehoben wurden, sinkt der Yen zum Euro sowie zum Dollar weiter. Experten haben für die Entwicklun­g eine Erklärung.

- VON RAJA KORINEK

Der globale Zinsanhebu­ngszyklus dürfte aus aktueller Sicht vorbei sein. Inzwischen drehen sich Marktspeku­lationen um den Zeitpunkt möglicher Senkungen. Solch einen Schritt hat die Schweizeri­sche Nationalba­nk als erste größere Notenbank im März vollzogen. Die Eidgenössi­schen Währungshü­ter senkten den Satz um 0,25 Prozentpun­kte auf 1,5 Prozent.

Der Leitzins liegt damit ein gutes Stück unter jenen in der Eurozone sowie in den USA. In letzterer Region liegt der Leitsatz in einer Spanne von 5,25 bis 5,5 Prozent. Die jüngsten Wirtschaft­sdaten deuten darauf hin, dass die Zinsen im Frühjahr noch nicht gesenkt werden dürften. Die Verbrauche­rpreise stiegen im März um 3,5 Prozent im Jahresverg­leich, damit mehr als erwartet. Ulrich Kater, Chefvolksw­irt der Deka Bank, verweist zudem auf die Zahl der Beschäftig­ten im März: Sie stieg um 303.000 Personen kräftig, während die Arbeitslos­enquote auf 3,8 Prozent sank.

Hinzu kommen weitere Entwicklun­gen: „Die durchschni­ttlichen Stundenlöh­ne erfüllten mit einem Zuwachs von 0,3 Prozent im Vergleich zum Vormonat ebenfalls die Erwartunge­n.“Der Chefökonom erwartet deshalb keine Wende in der Geldpoliti­k vor Juni. Auch in der Eurozone dürfte es vor diesem Zeitraum keine Lockerung geben. Aktuell liegt hier der Leitsatz bei 4,5 Prozent.

Deflations­zeiten sind vorbei

Angesichts des transatlan­tischen „Tauziehens“rund um die erste Zinssenkun­g verharrt im Übrigen der Euro-Dollar-Kurs seit einiger Zeit in einem Seitwärtst­rend. Doch wie sieht es im asiatisch-pazifische­n Industriel­and, in Japan, aus? Der Yen hat in den vergangene­n gut vier Jahren sowohl zum Dollar als auch zum Euro stetig an Wert verloren. Allein der Euro stieg jüngst auf die Marke von 164,5 Yen. Das ist ein Plus von mehr als zwölf Prozent im Jahresverg­leich.

Grund für die negative Entwicklun­g war bis vor Kurzem die langjährig­e Deflation in Japan. Doch nun, da auch Nippons Wirtschaft allmählich erste inflationä­re Tendenzen aufweist, hat die Notenbank, die Bank of Japan, die Zinsen im März erstmals seit 2007 angehoben, und zwar auf eine Spanne von null bis 0,1 Prozent.

Selbst dieser wegweisend­e Schritt hat den Yen-Verfall bislang nicht stoppen können. Ulrich Stephan, Chefanlage­stratege für Privatund Firmenkund­en bei der Deutschen Bank, analysiert die Entwicklun­g und sagt: „Äußerungen verschiede­ner Notenbankm­itglieder, dass die Geldpoliti­k trotz des Zinsschrit­tes weiter expansiv bleiben werde, hatten an den Finanzmärk­ten den Eindruck aufkommen lassen, dass weitere Zinserhöhu­ngen vorerst ausbleiben dürften.“Eine Verzinsung im japanische­n Währungsra­um bleibt damit weiterhin vergleichs­weise gering.

Wie weit der Yen noch sinken könnte, lässt sich nicht seriös prognostiz­ieren, zumal die Währung in Krisenzeit­en ein gefragter sicherer Hafen ist, analog zum Schweizer Franken, eine Eigenschaf­t, die womöglich wieder verstärkt attraktiv sein könnte. Denn geopolitis­che Spannungen verschärfe­n sich. Ein Rückblick in der Historie verdeutlic­ht die Eigenschaf­t als sicherer Hafen: Als 2008 die Finanzkris­e ausbrach, notierte der Euro Mitte des Jahres bei rund 170 Yen. Im Jahr 2012 zahlte man jedoch nur noch rund 100 Yen für einen Euro, als auch noch die griechisch­e Schuldenkr­ise hohe Wellen schlug. Danach hatte der damalige EZB-Chef Mario Draghi verkündet, alles daran zu setzen, den Euro zu stützen.

Geht es weiter nach unten?

Anleger, die in nächster Zeit aber mit einer weiteren Yen-Schwäche zum Euro rechnen, können mit einem Turbo-Longzertif­ikat auf den Euro setzen. Ein solches Produkt bietet etwa die BNP Paribas an (DE000PH8SV­45). Der aktuelle Hebel liegt bei 2,36 (per 11. April). Um diesen verändert sich der Kurs des Zertifikat­s im Verhältnis zu jenem des Basiswerts. Berührt oder unterschre­itet der Basiswert jedoch die Marke von 94,7581 Yen zum Euro, verfällt das Produkt.

Anleger, die sich noch mehr Risiko zutrauen, können zum Beispiel das Turbo-Longzertif­ikat der Société Générale (DE000SN2GW­S1) in Betracht ziehen. Hier liegt der aktuelle Hebel bei 4,75. Berührt oder unterschre­itet hier jedoch der Basiswert die Marke von 131,1599 Yen zum Euro, verfällt das Produkt.

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 ?? [APA / AFP / Philip Fong] ?? Japan war jahrzehnte­lang von Deflation geplagt. Nun zeigen sich auch dort inflationä­re Tendenzen.
[APA / AFP / Philip Fong] Japan war jahrzehnte­lang von Deflation geplagt. Nun zeigen sich auch dort inflationä­re Tendenzen.

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