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Microstrat­egy, Coinbase und Co.: Soll man Aktien statt Bitcoin kaufen?

Die Zahl der Unternehme­n, deren Wohlergehe­n stark vom Bitcoin-Preis abhängt, wächst. Doch können ihre Aktien ein besseres Investment darstellen als Bitcoin selbst?

- VON BEATE LAMMER

Die Softwarefi­rma Microstrat­egy stellte mit einem Kursanstie­g von 120 Prozent seit Jahresbegi­nn selbst Nvidia in den Schatten. Das Unternehme­n bietet Cloud-Services für Firmen an. Seinen hohen Bekannthei­tsgrad verdankt es aber Bitcoin – und seinem Gründer Michael Saylor: Dieser tritt regelmäßig auf BitcoinKon­ferenzen auf und genießt in der Community nahezu Kultstatus.

Kein anderes Unternehme­n hält auch nur annähernd so viele Bitcoin. 205.000 Bitcoin (14 Mrd. Dollar) hat Microstrat­egy seit dem

Jahr 2020 erworben. Der durchschni­ttliche Kaufpreis liegt bei 33.706 Dollar; zuletzt kostete ein Bitcoin etwa 65.000 Dollar. Seine Käufe finanziert Microstrat­egy zum Teil mit Kredit und durch die Ausgabe von Wandelanle­ihen. Per Jahresende beliefen sich die Schulden auf 2,6 Mrd. Dollar; die Aktiva betrugen 4,8 Mrd. Dollar. Doch seitdem ist der Bitcoin-Preis um zwei Drittel gestiegen.

Alles auf Bitcoin gesetzt

Bevor in den USA Bitcoin-ETFs zugelassen wurden, nutzten manche Anleger Microstrat­egy als BitcoinFon­ds. Als der Bitcoin-Preis im Jahr 2022 auf 16.000 Dollar fiel, sorgten sich einige um das Unternehme­n. Doch Saylor hatte Kredite mit langen Laufzeiten gewählt, um einen Bitcoin-Zyklus mit allen Hochs und Tiefs durchzuste­hen.

Was die Menschen an dem stets ernst blickenden Multimilli­ardär fasziniert, ist seine tiefe Überzeugun­g, dass Bitcoin als Investment alles andere überstrahl­en wird.

Saylor hat alles auf Bitcoin gesetzt und sogar noch Kredite aufgenomme­n. Zu Bloomberg meinte er kürzlich, wer Bitcoin halte, brauche nicht weiter zu diversifiz­ieren, denn er habe bereits genug diversifiz­iert. Bald werde Bitcoin in allen Bilanzen von Städten, Staaten und Unternehme­n enthalten sein. Zu der Journalist­in Laura Shin sagte er vor drei Jahren in einem Interview auf die Frage, wie lang Bitcoin steigen werde: „Forever, Laura“, was in der Bitcoin-Community inzwischen zu einem geflügelte­n Wort geworden ist.

Spielwiese für Short-Seller

Die vier Analysten, die die Aktie bewerten, sehen laut Bloomberg ein weiteres Kursanstie­gspotenzia­l von 13 Prozent und glauben, dass das demnächst anstehende Halving (Verknappun­g des Angebots an neuen Bitcoin) den Bitcoin-Preis und damit auch Microstrat­egy unterstütz­en wird. Indes gibt es auch Skeptiker. Gegen Microstrat­egy, dessen Aktie sehr starken Schwankung­en unterliegt, laufen milliarden­schwere Wetten, die Aktie zählt zu den meistgesho­rteten.

Wer Microstrat­egy kauft, setzt auf einen deutlich steigenden Bitcoin-Preis (ein leicht steigender ist schon eingepreis­t), aber auch auf Saylor. Solang dieser seinen Kultstatus behält, ist Microstrat­egy auch eine Meme-Aktie: Anleger kaufen sie als Statement. Das kann umschlagen, wenn Saylor etwas tut oder sagt, was der Community nicht gefällt.

Der Kultstatus von CoinbaseCh­ef Brian Armstrong reicht nicht an den von Saylor heran, bekannt ist er aber auch. Die Handelspla­ttform für Bitcoin und andere digitale Vermögensw­erte ging vor drei Jahren an die Börse und verwaltete per Jahresende 200 Mrd. Dollar Vermögen. Die meisten neuen Bitcoin-ETFs in den USA lagern ihre Bestände inzwischen ebenfalls bei Coinbase, worin Kritiker ein Klumpenris­iko für den Markt sehen.

Die Coinbase-Aktie hat seit Jahresbegi­nn um 44 Prozent zugelegt, liegt aber noch immer unter dem Preis beim Börsengang und ist mit einem KGV von 70 nicht billig. Im Vorjahr hat das Unternehme­n einen Umsatz mit Handel von 1,5 Mrd. Dollar erzielt. Das gehandelte Volumen belief sich auf 468 Mrd. Dollar (34 Prozent waren Bitcoin). Beides bedeutete einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr, da das Jahr 2023 ein handelsarm­es Jahr für Kryptowähr­ungen war. Das änderte sich jedoch im vierten Quartal und dürfte sich heuer erst recht ändern. Anders als 2022 schaffte Coinbase einen kleinen Gewinn von 95 Mio. Dollar.

Die Analysten sind gespalten, was Coinbase betrifft. Neun Kaufempfeh­lungen stehen 13 Haltenund fünf Verkaufsem­pfehlungen gegenüber. Das Kursziel liegt unter dem aktuellen Preis. Sollte der Bitcoin-Preis in den Monaten nach dem Halving stark steigen, dürfte aber auch Coinbase profitiere­n.

Einem anderen Muster folgen die Bitcoin-Miningfirm­en wie Marathon Digital, Riot oder Cleanspark. Marathon und Riot haben seit Jahresbegi­nn verloren, Cleanspark schwächelt seit einigen Wochen ebenfalls. Mining-Firmen wenden mit teurer Hardware viel Energie auf, um Blöcke mit Transaktio­nen an die Blockchain, das Kassenbuch von Bitcoin, anhängen zu dürfen. Pro Block erhalten sie dann 6,25 Bitcoin. Das Problem: Bei jedem Halving halbiert sich diese Bitcoin-Belohnung. Das nächste Halving steht in den nächsten Tagen an. Ab da gibt es nur noch 3,125 Bitcoin pro Block.

Marathon braucht einen Bitcoin-Preis von 20.000 Dollar, um profitabel zu wirtschaft­en, wie Firmenchef Fred Thiel zu Bloomberg sagte. Bald sind es 40.000. Die Unternehme­n versuchen, mit besserer Hardware und günstigere­n Energieque­llen ihre Kosten zu senken. Ein hoher Bitcoin-Preis würde ihnen freilich auch nützen.

Lieber Bitcoin statt Aktien?

Indes stellt sich die Frage, ob man nicht gleich Bitcoin kaufen will. Wenn Bitcoin wieder einmal stark abstürzt, was es von Zeit zu Zeit tut, können die Unternehme­n Probleme bekommen und – obwohl sie derzeit gut gerüstet für harte Zeiten scheinen – im Extremfall auch pleitegehe­n. Bitcoin kann nicht pleitegehe­n. Man kann beruhigt warten, bis sich der Preis wieder erholt.

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