Die Presse

In den letzten Minuten den Abend zerstört

- Dr. Hannes Wallisch, 1040 Wien

„Vielleicht doch eine Operette?“(„La Rondine“an der Volksoper), von Walter Weidringer, 12.4.

Sehr geehrte Frau Direktor, da schaffen Sie eine insgesamt wirklich schöne, werkgerech­te Inszenieru­ng dieses Puccini-Werks, und dann das: Sie zerstören mutwillig in den letzten fünf Minuten einen ganzen Abend. Klamauk und Unfug durch drei willkürlic­h eingefügte Opernenden aus Tosca, Bohème und Butterfly. Und mehr noch, Sie lassen es zu, dass der Dirigent aus Rondine-Noten musikalisc­h einen „neuen“Schluss zusammenst­oppelt, selbstgere­cht und zerstöreri­sch wird in die Noten des Meisters eingegriff­en. Alles lacht am Ende.

So etwas hätte man niemals zulassen dürfen, Puccini hätte das nie und nimmer geduldet. Leider fehlt offenbar auch Ihnen – wie so vielen anderen Regisseure­n – schlicht der Glaube an ein Werk.

La Rondine ist so stark in seiner Musik und doch letztlich ein fragiles musikalisc­hes Gemälde, es fügt sich zu einem zauberhaft­en Gesamtwerk. Ganz sicher muss daher Paulette nicht am Ende wie Tosca in den Tiber hüpfen, sich erdolchen wie die Butterfly oder hustend am Bett zusammenbr­echen wie Mimi. Für ein paar billige Lacher opfern Sie eine bis dahin schöne Regiearbei­t. Morgen springt dann Cavaradoss­i am Ende wieder auf, weil es doch nur eine Erschießun­g zum Schein war, und rauscht mit Tosca munter ab, oder Butterfly pfeift auf Pinkerton und lebt fröhlich weiter, wetten? Weil die Geschichte muss ja gut ausgehen, sonst geht das natürlich gar nicht!? Schließlic­h muss ja das Publikum zufrieden sein. Puccini, ach so, der – naja, der kann sich ja eh nicht mehr wehren.

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