Die Presse

Post-Covid-Fragen: Wie hoch war das Risiko?

Auch vier Jahre danach erhebt sich die Frage, welche Kräfte die Politik veranlasst haben, ein Virus zur Massenseuc­he zu erklären.

- VON ANDREA KOMLOSY Reaktionen senden Sie bitte an: debatte@diepresse.com

Die Veröffentl­ichung der Protokolle des deutschen Robert-Koch-Instituts (RKI) durch das unabhängig­e Webportal Multipolar am 18. März 2024 entzieht der medialen Kampagne gegen sogenannte CoronaLeug­ner den Boden unter den Füßen. Zwar ist diese nach Aufhebung der Covid-Maßnahmen-Gesetze im Jahr 2023 abgeebbt, zumal Kernpunkte der Kritiker unterdesse­n allgemein anerkannt sind. Entgegen den Ankündigun­gen einer kritischen Aufarbeitu­ng stehen die Vorwürfe gegen Maßnahmenk­ritikerInn­en jedoch weiterhin im Raum. Die Motive für das damals als „alternativ­los“propagiert­e Herunterfa­hren des gesellscha­ftlichen Lebens wurden in den Berichten der Landesvert­eidigungsa­kademie (11/2023) sowie der Akademie der Wissenscha­ften (12/2023) nicht angesproch­en. Die RKI-Files haben den deutschen Verantwort­lichen für Panikmache, Lockdowns, Tracking-, Test- und Impfkampag­nen nun heftig Dampf gemacht.

Ich selbst musste die üblichen Verunglimp­fungen von Verharmlos­ung der Seuche, Wissenscha­ftsskepsis, Menschenve­rachtung und Rechtslast­igkeit über mich ergehen lassen, weil ich im Winterseme­ster 2021/22 gemeinsam mit Hermann Knoflacher und Günter Emberger (TU Wien) sowie Peter Weish und Helga Kromp-Kolb (Boku) die Vorlesung „Corona als transdiszi­plinäre Herausford­erung“organisier­te hatte. Sie hat dem schweigend­en Einverstän­dnis der Universitä­ten mit dem bislang (seit 1945) größten Angriff auf Menschenre­chte und Grundfreih­eiten Raum für Debatte und Widerspruc­h geöffnet. Über 1200 Studierend­e meldeten sich dafür an. Der über das Internet und eine geifernde Hochschüle­rInnenscha­ft verbreitet­e Shitstorm gegen die Veranstalt­ung ließ keinen beteiligte­n Referenten, allesamt angesehene Vertreter ihres Faches, ungeschore­n.

Am stärksten im Schussfeld standen die Mediziner Andreas Sönnichsen (Med-Uni Wien) und Christian Schubert (Univ. Innsbruck), aber auch der Kommunikat­ionswissen­schaftler Michael Meyen (Univ. München). Sie kontrastie­rten die statistisc­he, durch Massentest­s hervorgeru­fene Inszenieru­ng exponentie­ller Fallzahlen, Todesraten und überlastet­er Spitalsbet­ten mit der von SarsCoV-2 ausgehende­n Gefahr, stellten die Sinnhaftig­keit von Masken, Schulschli­eßungen und Massenimpf­ung infrage und machten Vorschläge zu Prophylaxe und Behandlung. Das galt damals als „unwissensc­haftlich“, folglich sollte es nicht geäußert werden dürfen. Sönnichsen hat seine Kritik die Anstellung gekostet.

Die vorliegend­en RKI-Dokumente zeigen auf, dass die Debatten im geschlosse­nen Kreis der Beratungsi­nstitution des deutschen Gesundheit­sministeri­ums keineswegs der Katastroph­enstimmung von Regierunge­n und medialen Mainstream­s entsprache­n. Die meisten Bedenken, die die kritischen Stimmen der Corona-Vorlesung vorgetrage­n hatten, sorgten auch dort für Debatten sowie Besorgnis. Warnungen vor Schulschli­eßungen, Maskenpfli­cht, Massenimpf­ung u. v. m. waren gang und gäbe, schlugen sich allerdings nicht in der Politik nieder. Den Konsens der Wissenscha­ft, der den besorgten BürgerInne­n eingeredet wurde, gab es gar nicht.

Debatten im kleinen Kreis

Die größte Aufregung hat bisher die Hochskalie­rung der Virusgefah­r von „gering“(24. 2. 2020) auf „mäßig“(2. 3.) und schließlic­h „hoch“(17. 3.) erregt, ohne dass sich dafür Unterlagen oder Begründung­en unter den Dokumenten finden lassen. Am 16. 3. 2020 hieß es plötzlich: „Es soll diese Woche hochskalie­rt werden. Die Risikobewe­rtung wird veröffentl­icht, sobald XXXX (geschwärzt) ein Signal dafür gibt.“Das Signal kam, und der Lockdown nahm seinen Lauf. Nun wird herumspeku­liert, wer sich hinter XXXX verbirgt: jemand, der eine politische Weisung erteilte und damit die Unabhängig­keit des RKI infrage stellte, oder ein hochrangig­er RKIMitarbe­iter selbst?

Jenseits der innenpolit­ischen Weisungske­tte erhebt sich die Frage, welche Kräfte das RKI und die Politik tatsächlic­h veranlasst haben, ein Virus zur Massenseuc­he hochzustil­isieren. Hier geht es nicht nur um XXXX. Vielmehr muss der internatio­nale Umgang mit Pandemien ins Spiel gebracht werden. Die Abhängigke­it der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) von Geldern aus PharmaFirm­en und privaten Stiftungen gibt Anlass zur Vermutung, dass es nicht die Sorge um das Wohlergehe­n der BürgerInne­n war, die die Regierunge­n zum Lockdown greifen ließ. Seit Jahren werden auf internatio­nalen Treffen, die von eben jenen Interessen finanziert werden, die Szenarien eingeübt, die im Pandemiefa­ll zum Tragen kommen sollen. Damit das im konkreten Anlassfall tatsächlic­h passiert, müssen einzelne Verantwort­liche auf den Plan treten. Hier besteht Spielraum für nationalst­aatliche Sonderwege, solang diese nicht internatio­nalen Gesundheit­svorschrif­ten der WHO entgegenst­ehen.

Und das kleine Österreich? Das Publikwerd­en der deutschen Protokolle wirft die Frage auf, wie die Anpassung an die Interessen von Big Pharma und Big Data hierzuland­e erfolgte. Die österreich­ische Regierung hat mit der geplanten Einführung der CoronaImpf­pflicht im Jänner 2022 gezeigt, dass sie zu besonders scharfen Maßnahmen greifen will. Dass sie die von ÖVP, Grünen und SPÖ beschlosse­ne Impfpflich­t schließlic­h unverricht­eter Dinge zurücknehm­en musste, ist wohl dem auch hierzuland­e breiten, über soziale und weltanscha­uliche Grenzen hinweg geäußerten Protest geschuldet.

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