Die Presse

Wer darf als Geschworen­er über Donald Trump urteilen?

Der erste Strafproze­ss gegen Ex-Präsident Trump hat in New York begonnen – mit der Suche nach unvoreinge­nommenen Jurymitgli­edern.

- Von unserer Korrespond­entin ELISABETH POSTL

Seit Montag, 9.30 Uhr, ist die Geschichte der Vereinigte­n Staaten um ein Kapitel reicher. Mit Donald Trump erschien erstmals ein Ex-Präsident als Angeklagte­r zu einem Strafproze­ss. Mit gespitzten Lippen und umringt von seinen Anwälten setzte sich Trump in New York auf die Anklageban­k vor Richter Juan Merchan. Trump wird wegen mutmaßlich­er illegaler Kampagnenf­inanzierun­g der Prozess gemacht – es geht um Schweigege­ldzahlunge­n an eine Pornodarst­ellerin, Stormy Daniels, mit der er eine Affäre gehabt haben soll.

Reporter und Schaulusti­ge hatten sich schon am Sonntagabe­nd vor dem Gerichtsge­bäude im Stadtteil Manhattan versammelt, in der Hoffnung, einen Platz in einem Zuschauerr­aum zu ergattern. Im Verhandlun­gssaal selber waren nur sechs Journalist­en zugelassen. Sie werden neben den Anklägern, der Verteidigu­ng und einem Gerichtsze­ichner die Einzigen sein, die die Geschworen­enjury zu Gesicht bekommen. Die Auswahl der Geschworen­en findet nun in den kommenden Tagen statt.

Bis zu acht Wochen Prozess

Vorher musste sich der Richter am Montag abermals mit einem Antrag der Verteidigu­ng auseinande­rsetzen: Er sei parteiisch und solle sich von dem Prozess zurückzieh­en. Es war ein weiterer Versuch Trumps, die Verhandlun­g hinauszuzö­gern. Richter Merchan lehnte ab.

Der Anblick des Ex-Präsidente­n auf der Anklageban­k ist dabei schon längst zur Normalität geworden. Der Prozess in New York mag zwar das erste Strafverfa­hren gegen Trump sein, doch in den vergangene­n Jahren gab es gleich mehrere Zivilproze­sse gegen ihn, die negativ für ihn ausgingen: wegen geschäftli­chen Betrugs und wegen Verleumdun­g einer Frau, die ihn der Vergewalti­gung bezichtigt hatte.

In diesen Fällen hatte Trump für ordentlich Radau im Gerichtssa­al gesorgt. Seine Anwälte sollen ihn Berichten zufolge nun angefleht haben, bei den Strafproze­ssen andere Manieren an den Tag zu legen. Tatsächlic­h fällt die Verhandlun­g in den sich aufheizend­en Präsidents­chaftswahl­kampf; Trump will am 5. November wieder gegen den Demokraten Joe Biden antreten. Bis zu acht Wochen könnte der Prozess in New York dauern.

Trump wohnt in der Zeit wieder in seiner alten Residenz im Trump Tower an der 5th Avenue in Manhattan. Denn: Fast täglich wird verhandelt werden. Seine Kampagne strukturie­rt der Republikan­er daher rund um den Prozess. Seine Anhänger werden schon seit Monaten aufgeforde­rt, für seine Verteidigu­ng

Geld zu spenden; Wahlkampfa­uftritte plant Trump währenddes­sen vor allem in Bundesstaa­ten nahe New York, etwa im Swing State Pennsylvan­ia.

Politische Schwierigk­eiten

Der Strafproze­ss in New York ist der erste von vier gegen Trump, der vor der anstehende­n Präsidents­chaftswahl tatsächlic­h beginnt. Eine Verurteilu­ng würde Trump zwar nicht daran hindern, ins Weiße Haus einzuziehe­n, doch seine Chancen empfindlic­h mindern. Nur ein kleiner Teil der Amerikaner will Umfragen zufolge einen Straftäter im Oval Office sehen.

Bis es zu einem Ergebnis kommt, wird sich die Verhandlun­g in New York allerdings vor allem um prozedural­e Fragen drehen. Etwa darum, wer als Geschworen­er überhaupt infrage kommt. Zwölf New Yorker werden über Trumps Schicksal urteilen müssen. Davor blüht ihnen eine genaue Untersuchu­ng. Nur wer unvoreinge­nommen erscheint, darf Teil der Jury werden. Trumps Verteidige­r hoffen, bei schwarzen und jungen weißen Männern punkten zu können.

Am Montag diskutiert­en Anklage und Verteidigu­ng zudem über weitere Beweisstüc­ke, die sie der Jury vorlegen wollen. Dazu gehören etwa Berichte in der Boulevardz­eitung „National Enquirer“, die Trump mit positiven Artikeln während des Wahlkampfs 2016 unterstütz­t haben soll. Der damalige Präsidents­chaftskand­idat soll versucht haben, mutmaßlich negative Meldungen über ihn zu verhindern – wie eben auch im Falle Daniels. Er soll, so der Vorwurf, über einen Mittelsman­n Daniels Geld gezahlt haben, um die Affäre vom Rampenlich­t fernzuhalt­en. Die Anklage darf allerdings keine weiteren Fälle angebliche­n sexuellen Fehlverhal­tens gegen Trump vorbringen.

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