EU-Chefs diskutieren tiefgreifende Reform des Binnenmarktes
Der frühere italienische Regierungschef Letta schlägt eine komplette Vereinheitlichung der Telekom- und Energiemärkte vor.
Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU werden bei ihrem Treffen am Mittwoch und Donnerstag in Brüssel die größte Reform des Gemeinsamen Binnenmarktes seit dessen Schaffung vor drei Jahrzehnten diskutieren. Aus Grundlage dafür soll ihnen ein Bericht des vormaligen italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta dienen, den er vorige Woche bereits den EU-Kommissaren bei deren wöchentlicher Sitzung vorgetragen hat.
Laut einem Bericht der italienischen Tageszeitung „Il Foglio“schlägt Letta eine fundamentale Reform weiter Teile der europäischen Wirtschaftspolitik vor. Nicht nur die Finanzmärkte sollen integriert werden, wie dies die Finanzminister seit Jahren versuchen, sondern auch jene für Energie und Telekommunikation. Es solle ein einheitliches EU-System für staatliche Beihilfen geben, das über die derzeitige Kontrolle der Kommission hinausgeht. Auch das seit Langem vor allem am Widerstand Deutschlands scheiternde einheitliche System der Einlagensicherung soll vollendet werden.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters wiederum wird Letta auch Reformen vorschlagen, welche es kleinen und mittelständischen Unternehmen wesentlich erleichtern soll, innerhalb der EU grenzüberschreitend Geschäfte zu machen. Sie sollten einem einheitlichen Regelwerk unterworfen werden, das egal, in welchem Mitgliedstaat sie tätig sind, gültig ist. Das solle auch steuerliche Fragen betreffen.
Letta werde zudem zur Debatte stellen, dass jeder Schulabsolvent ein staatlich finanziertes Auslandssemester absolvieren kann, was weit über den Rahmen des geltenden Austauschprogramms Erasmus Plus hinausginge. „Wir hatten 20, 30 Jahre lang eine falsche Kommunikation. Es gibt noch keinen Binnenmarkt“, sagte Letta zur „Financial Times“. „Wenn man nicht in der Lage ist, den Binnenmarkt zu integrieren, hat man keine wirtschaftliche Sicherheit.“(GO)