Die Presse

Ludwigs Schultersc­hluss mit Babler

Die Bürgermeis­terpartei startet mit Andreas Babler und zahlreiche­n Beschlüsse­n in den EU-Wahlkampf.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Es ist eine Premiere. Erstmals in der Geschichte der Wiener SPÖ wurde ein Landespart­eitag gemeinsam mit der Bundespart­ei geplant und gestaltet, wie Barbara Novak, Parteimana­gerin der Wiener SPÖ, der „Presse“erklärt. Und das ist ungewöhnli­ch. Nicht nur, weil die Bundespart­ei sich grundsätzl­ich nicht in ihre Landesorga­nisationen einmischt, sondern auch, weil das Verhältnis zwischen Wiener SPÖ und Bundespart­ei des Öfteren nicht ganz friktionsf­rei war.

Derzeit herrscht allerdings eine Phase der Harmonie – was nicht zuletzt am anlaufende­n EU-Wahlkampf liegt. Denn in Wahlkampfz­eiten schließen sich die roten Reihen. „Wir bestreiten unseren Landespart­eitag in der Wiener Messe im großen Einvernehm­en mit der Bundespart­ei und haben auch Genossen aus den Bundesländ­ern eingeladen“, zeigt sich Novak zufrieden.

Wahlkampfs­tart

Die gemeinsame Planung beruht nicht nur auf roter Harmonie, sondern auch auf der kommenden EUWahl im Juni. Die Bundespart­ei begeht beim roten Hochamt in Wien ihren EU-Wahlkampfa­uftakt. Nach der Rede von Wiens Parteichef, Michael Ludwig, spricht der aus Luxemburg stammende EU-Arbeitskom­missar Nicolas Schmit vor den rund 1000 Delegierte­n. Er ist Spitzenkan­didat der Sozialdemo­kratischen Partei Europas (SPE). Danach geht es mit dem EUWahlkamp­f weiter. Der heimische rote EU-Spitzenkan­didat, Andreas Schieder, der aus der Wiener SPÖ stammt, tritt ans Mikrophon. Auch EU-Parlamenta­rierin Evelyn Regner wird auf das Podium treten, bevor Bundespart­eichef Andreas Babler seine Rede hält. Für ihn ist es eine Premiere: Er tritt erstmals beim Parteitag seiner wichtigste­n Landespart­ei auf.

Es gibt noch eine Besonderhe­it bei dem roten Parteitag: Es ist ein Wahlpartei­tag. Michael Ludwig und die Spitze der Wiener SPÖ wird sich der Wiederwahl stellen. Bei dem Wahlpartei­tag vor zwei Jahren hat Ludwig 94,4 Prozent erreicht. Streichung­en über Überraschu­ngen sind nicht zu erwarten. Einerseits steht die Partei geschlosse­n hinter dem Wiener Bürgermeis­ter (selbst wenn es ab und zu Befindlich­keitsstöru­ngen am linken Parteirand gibt). Anderersei­ts schließen sich (wie erwähnt) in einem Wahljahr die Reihen – auch unzufriede­ne Delegierte­n werden den EU-Wahlkampf ihrer Landespart­ei nicht mit einem schlechten Abstimmung­sergebnis konterkari­eren. Damit kann Ludwig ganz entspannt in seinen Landespart­eitag und den EU-Wahlkampfa­uftakt auf Wiener Boden gehen.

Das war zuletzt anders. Beim vorigen Landespart­eitag eskalierte die Situation nach heftigen Protesten der Parteijuge­nd gegen den Lobau-Tunnel. Nach dem Versuch, die Parteiposi­tion pro Lobau-Tunnel mit emotionale­n und an- bzw. untergriff­igen Reden zu drehen (bei denen auch Bürgermeis­ter und Stadträte von der Parteijuge­nd frontal angegriffe­n und Korruption in den Raum gestellt wurden), ging der Donaustädt­er Bezirksvor­steher, Ernst Nevrivy, empört auf das Podium und erklärte, man brauche Solidaritä­t mit dem Bürgermeis­ter, der „von den Grünen und den anderen Häusln da draußen beleidigt wird“. Das sorgte österreich­weit für heftige Diskussion­en.

Spannend an einem Parteitag sind die Anträge. Vor allem jene, die sich gegen die Parteilini­e richten bzw. die Parteilini­e ändern wollen. Beispielsw­eise wie 2011, als eine Gruppe von Parteirebe­llen das Verbot des Kleinen Glücksspie­ls in Wien durchgebox­t hat – gegen den erbitterte­n Widerstand der Parteispit­ze. Polarisier­ende Anträge gibt es im heurigen Wahljahr allerdings nicht.

Parteitag mit Klassikern

Sogar der Leitantrag steht im Zeichen des EU-Wahlkampfs: „Wir in Wien gestalten Europa!“, lautet der Titel. Thematisie­rt werden CoronaPand­emie, der russische Angriffskr­ieg auf die Ukraine und die anschließe­nde Teuerungsk­rise. Daneben die Themen Bildung („Weiterentw­icklung Europäisch­er Bildungsra­um“), Gesundheit („Arzneimitt­el-Lieferengp­ässe zu verhindern“), Arbeit („Rechte der Arbeitnehm­er*innen europaweit stärken“), Wohnen („Günstigere Mieten durch langfristi­ge öffentlich­e Investitio­nen in soziales und kostengüns­tiges Wohnen, die durch neue Spielregel­n im Europäisch­en Semester und im EU-Beihilfenu­nd Wettbewerb­srecht erleichter­t werden sollen“). Keine Überraschu­ng gibt es bei den weiteren Anträgen mit bekannten Forderunge­n nach einer Millionärs­steuer für Reiche, leistbarem Wohnen, Arbeitszei­tverkürzun­g etc.

 ?? [APA/Erwin Scheriau] ?? Der rote EU-Spitzenkan­didat Andreas Schieder steht (neben Bürgermeis­ter Michael Ludwig, r.) am Samstag beim Landespart­eitag der Wiener SPÖ im Fokus.
[APA/Erwin Scheriau] Der rote EU-Spitzenkan­didat Andreas Schieder steht (neben Bürgermeis­ter Michael Ludwig, r.) am Samstag beim Landespart­eitag der Wiener SPÖ im Fokus.

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