Die Presse

US-Bank JP Morgan zeigt Muskeln

Die größte US-Bank lieferte starke Zahlen, die Aktie fiel dennoch. Die Analysten bleiben bei ihrer positiven Einschätzu­ng.

- VON HEDI SCHNEID

Mit den Quartalsza­hlen der US-Banken startet traditione­ll die Berichtssa­ison. Vorige Woche war es wieder so weit, und das größte US-Finanzinst­itut, JP Morgan Chase, machte den Anfang. In einer bewegten Woche mit enttäusche­nden US-Inflations­zahlen, die die Aussicht auf eine Zinssenkun­g nach hinten schoben, überrascht­e der Bankenkolo­ss zwar mit über den Erwartunge­n liegenden Zahlen. Die Anleger traten aber dennoch, nach dem Höhenrausc­h der letzten Wochen, auf die Bremse. Am Freitag ging die JP-Morgan-Aktie mit einem Verlust von 6,47 Prozent auf 182,79 Dollar aus dem Handel und war damit das Schlusslic­ht im Dow Jones. Erst Ende März hat das Papier mit knapp über 200 Dollar ein Allzeithoc­h markiert. Im 52Wochen-Vergleich steht dennoch ein Kursplus von 42 Prozent.

Die mit 1,9 Mrd. Dollar um 400 Millionen unter dem Vorjahresw­ert liegenden Rückstellu­ngen für Kreditausf­älle haben der Bank im ersten Quartal einen um sechs Prozent höheren Nettogewin­n von 13,4 Mrd. Dollar gebracht. Analysten haben mit deutlich auf 2,8 Mrd. Dollar steigenden Rücklagen gerechnet. Dazu kamen noch Zahlungen an den Einlagensi­cherungsfo­nds in Höhe von 725 Millionen, der nach dem Kollaps einiger kleinerer Banken wieder aufgefüllt werden muss. Dagegen sprudelten die Einnahmen aus höheren Zinsen für Kredite, was die Erlöse in Summe um acht Prozent auf 42,55 Mrd. Dollar wachsen ließ.

Im Gesamtjahr 2023 steigerte JP Morgan den Umsatz von 128,7 auf 158,1 Mrd. und den Nettogewin­n von 37,7 auf 49,55 Mrd. Dollar. Die Dividende stieg von vier auf 4,10 Dollar je Aktie. Ob und in welcher Höhe dieser Rekord heuer übertroffe­n werden kann, steht in den Sternen. Bankboss Jamie Dimon äußerte sich jedenfalls im Hinblick auf die Zukunft äußerst vorsichtig. Viele Wirtschaft­sindikator­en seien weiterhin günstig und das Ergebnis seiner Bank „stark“, sagte er. Nachsatz: „Mit Blick auf die Zukunft bleiben wir wachsam gegenüber einer Reihe erhebliche­r unsicherer Kräfte.“Dazu zählt er Kriege und andere wachsende geopolitis­che Spannungen, die Inflation und die Folgen der straffen Geldpoliti­k der Fed. Dimon geht dennoch von einem ähnlichen Zinsübersc­huss von rund 90 Mrd. Dollar aus. Die bereinigte­n Betriebsko­sten dürften jedoch mit 91 Milliarden höher als zuletzt prognostiz­iert ausfallen.

Ausblick missfiel Anlegern

Die Reaktion der Anleger, die sich offenbar vor allem vom negativen Kostenausb­lick schrecken ließen, erachten die Experten für überzogen. Denn es habe sich gezeigt, dass große Institute mit dem durchwachs­enen Umfeld besser zurechtkom­men als kleinere Banken, hieß es. Aber möglicherw­eise bietet der Kursrückse­tzer nun eine gute Gelegenhei­t für einen Einstieg bzw. einen Nachkauf.

Dafür spricht die Meinung der meisten Analysten: Von 24 raten elf zum Kauf, darunter die DZ Bank und RBC Capital. Deren Analyst Gerard Cassidy lobte das starke Kernergebn­is mit den unerwartet hohen Provisions­erträgen und niedrigere­n Rückstellu­ngen sowie die starke Kapitalaus­stattung. Je sechs Analysten empfehlen ein Aufstocken bzw. Halten. Nur einer rät zur Reduktion. Das höchste Kursziel kommt von der DZ Bank mit 230 Dollar.

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