Schwache Letzte Generation im Theater
„Das Licht der Welt“von Raphaela Bardutzky spielt in einem Protestcamp von Umweltschützern. Leider wird der bald grelle, bald manierierte Text dem brisanten Thema kaum gerecht.
„Wir haben uns alle die Zukunft anders vorgestellt.“Ein schöner Schlusssatz. Er bricht das endzeitliche Pathos aktivistischer Umweltschützer, ohne es zu verspotten. Im Stück, das mit ihm endet, „Das Licht der Welt“von der Münchner Dramaturgin Raphaela Bardutzky, geht es um dieses jugendliche Pathos, um das zutiefst romantische Gefühl, die Welt zu retten. Verstärkt durch die tatsächliche Dringlichkeit der Klimakrise: Ein brisantes Thema, gut fürs Theater geeignet. Vor allem, wenn dazu eine Hauptfigur kommt, die in Konflikt gerät: zwischen persönlichem Schicksal und der Mission, die sie spürt. In diesem Fall zwischen einer ungeplanten Schwangerschaft und dem Kollektiv, für das sie sich entschieden hat: einer Gruppe junger Menschen, die den Wald im Braunkohleabbaugebiet von Lützerath (NordrheinWestfalen) besetzen, um ihn vor der Rodung zu schützen. Das ist 2020 passiert, der Protest war vergeblich. Als Österreicher denkt man an die – erfolgreiche – Besetzung der Hainburger Au und fragt sich: Wieso hat eigentlich nie jemand darüber ein Stück geschrieben? Das nur nebenbei. Das Setting – ein Lager in der Natur, mit Nachtwachen, bei denen alles Mögliche passieren kann – ist jedenfalls auch sehr theatertauglich, das Bühnenbild von Katharina Grof setzt es effektiv um.
Neurochemie und ein Eisbär
Leider wird der Stücktext diesen Möglichkeiten kaum gerecht. Bardutzky baut keine Spannung auf, sie verwendet eine bald grelle, bald papierene Sprache, die oft klingt, als wolle sie mit Krampf postdramatischen Geboten genügen. So lässt sie ihre Personen in potenziell spannenden Situationen das Geschehen in der zweiten Person und im Futur erzählen, also etwa: „Du wirst Angst haben“statt „Ich habe Angst“. Ziemlich manieriert.
Wie auch eine Szene, die die unbeholfene Annäherung der Liebenden in allgemeinem Abtatschen auflöst, kommentiert durch einen Text über Neurochemie.
Der Eisbär, der unmotiviert erscheint, ist herzig. Um es im Slang des Stücks zu sagen: Nice. Die „jungen Laienspieler*innen“(so das Programmhaft) versuchen sich nach Kräften am schwachen Text. Bei der Premiere gefielen vor allem Pauliine Poldmaa und Thaddaeus Tirone als zögerliches Paar. Finn Seeger ist ein stimmstarker Polizist.
Über weite Strecken wird Englisch gesprochen, was gut funktioniert. Musikalisch setzt man auf Liedgut der Großelterngeneration: John Lennons „Working Class Hero“, Janis Joplins „Mercedes Benz“, Bob Dylans „The Times They Are A-Changin’“. Ist man wirklich ästhetisch so retro an den Lagerfeuern der heutigen Protestgeneration? Zu entdecken ist ein schöner Song von Yoko Ono: „It’s Gonna Rain (Living on Tiptoe)“. Wenigstens etwas.