Duell der Alphatiere in Zagreb
Ein Präsident, der nicht zur Wahl steht, und ein Premier, der um seinen Posten bangen muss: Vor Kroatiens Parlamentswahl am Mittwoch liefern sich Staatschef Milanović und Premier Plenković einen bizarren Kampf.
Belgrad/Zagreb. Bei ihren Verunglimpfungen legen sich Kroatiens streitbare Stimmenjäger keinerlei Hemmungen mehr auf. Als „Feigling“, der den Adriastaat in die „russische Welt führen“wolle, schmäht der konservative Premier Andrej Plenković (HDZ) den linkspopulistischen Staatschef Zoran Milanović vor der Parlamentswahl am Mittwoch. „Du hast Deine Chance verspielt, Dein Spiel ist aus. Als Premier warst Du eine Null, als Präsident bist Du ein Nichts.“Die HDZ sei ein „kriminelles Gangsterkartell“, das das Land ausgeplündert und verwüstet habe, kontert der hemdsärmelige Milanović .
Der „Brüsseler Pudel“Plenković sei nur daran interessiert, auf welchem EUSpitzenposten er seinen „Wagen parken“könne, ätzt der frühere Chef der sozialdemokratischen SDP: „Plenković ist erledigt. Er lässt sich bereits das Sandwich für seine Reise nach Brüssel schmieren, um dort seinen Eintritt ins WC zu bezahlen.“
Ein Präsident im Wahlkampf, der offiziell nicht zur Wahl steht, und ein Premier, der trotz des erwarteten Wahlsiegs der HDZ um seinen Posten bangen muss: Kroatiens verbitterte Erzrivalen liefern sich ein bizarres Fernduell – mit ungewissem Ausgang: Der Parlamentswahl könnte eine mühsame Regierungsbildung oder gar eine erneute Neuwahl folgen.
Unerwartete Finte
Dabei schien dem seit 2016 amtierenden „Plenki“trotz Korruptionsskandalen der Wahlsieg und eine dritte Amtszeit lange kaum zu nehmen zu sein. Doch eine Finte des unberechenbaren Milanović hat dem HDZChef einen Strich durch die Wahlkampfrechnung gemacht. Es sei an der Zeit, „die Pferde zu satteln“, sagte der Staatschef und kündigte überraschend an, als parteiloser Spitzenkandidat für seine frühere SDP in den Wahlkampf zu ziehen, ohne zuvor sein Präsidentenamt niederzulegen. Wie erwartet bewertete das Verfassungsgericht die präsidiale Kandidatur ohne Abtritt als „unvereinbar“mit der Verfassung – und warnte die SDP davor, mit Milanović in den Stimmenstreit zu ziehen: Es könnte das Verbot ihrer Wahlliste drohen.
Allein die Kandidaturankündigung von Milanović hat die Umfragewerte der SDP anziehen lassen. Die HDZ liegt mit 30 Prozent zwar weiter klar vor der SDP (2022 Prozent), der rechtsnationalen DP (neun Prozent), der rechtsklerikalen Most und grünalternativen „Mozemo“(jeweils um die acht Prozent). Doch sollte die Zahl ihrer Mandate wie prognostiziert schrumpfen, wird die HDZ kaum mehr mit der serbischen Minderheit regieren können.
Es ist vor allem die Korruption und die stolze Zahl von 30 vorzeitig gepurzelten Ministern, die Plenković Stimmen kosten könnte: Kritiker werfen dem HDZChef vor, ähnlich wie Ungarns Premier Viktor Orbán auf die Korruption vor allem mit verstärkter Kontrolle der lästigen Justiz zu reagieren.
Wie SDP und Mozemo schließen auch die rechten Oppositionsparteien eine Koalition mit der HDZ bisher resolut aus. Umgekehrt scheint der polarisierende Politsolist Milanović als Moderator einer theoretisch denkbaren RechtslinksKoalition von SDP, Most und Mozemo kaum geeignet.
Zwischen Regen und Traufe
Nicht wenige fühlen sich vor die Wahl zwischen Regen und Traufe gestellt. Die „Arroganz“, mit der Plenković „Kriminelle geschützt“und Gesetze ausgehöhlt habe, sei „unerträglich und schlicht widerwärtig“, so der Publizist Ante Tomić. Auf der anderen Seite beschränke sich der größte diplomatische Erfolg von Milanović als Präsident auf einen Grillabend mit Bosniens russophilem Serbenführer Milorad Dodik: „Ehrlich gesagt würde ich meine Hand eher unter eine hydraulische Presse legen als sie erneut für einen Idioten stimmen zu lassen, der mit Dodik gebratene Hühnerleber schmaust.“