Rauchfangkehrergasse: Das Wunder im Haus ums Eck
Wie viele Quadratmeter braucht Behaglichkeit? Besuch in der AntonBrennerWohnung.
Gewaltig wie die Pyramiden. Kolossal wie den Koloss von Rhodos. So stellen wir uns Architekturwunder gemeinhin vor. Aber vielleicht darf es im Zeitalter von Ressourcenschonung und neuer Materialenthaltsamkeit auch einmal etwas weniger Pompöses sein: Wie wär’s, sagen wir, mit 40 Wohnungsquadratmetern in der Wiener Rauchfangkehrergasse?
Zugegeben, dem Äußeren des kleinen Gemeindebaus an der Ecke zur Heinickegasse eignet nichts, was auf innere Wunderhaltigkeit hinwiese. Unscheinbar bis zur Selbstverleugnung präsentiert sich der Fünfgeschoßer aus den 1920ern, fern jeder Zier und KunstamBauBeifügung, wie sie für die Architektur des Roten Wiens sonst so typisch sind. In seinem Inneren freilich hat sich etwas erhalten, was ihn nicht nur über seinesgleichen weit hinaushebt : eine Wohnung, komplett ausgestattet mit dem Mobiliar der Errichtungszeit.
Genau dieses Mobiliar ist es nicht zuletzt, das besagte knapp 40 Wohnungsquadratmeter zu einem singulären Beispiel effizienter Raumnutzung macht. Einbaukästen statt Zwischenwände, raffiniert montierte Klappbetten verwandeln ein Minimum an Platz in ein Maximum an Nutzbarkeit, dem bei allem funktionalistischen Bewusstsein nichts an Behaglichkeit abgeht. Und es ist gewiss kein Zufall, dass ihr Schöpfer, Anton Brenner (1896–1957), einst selbst in seinem Werk Quartier nahm: Wie anders hätte sich erfahren lassen, was gelungen, was noch verbesserungswürdig sei?
Freilich, die sohin gewonnene Expertise blieb folgenlos, Brenners Gemeindebau ein Einzelstück. Seine eigene Wohnung immerhin hat sich der Nachwelt erhalten und ist, sachkundig renoviert, dank der Initiative des Vereins „Zeit!Raum“im Rahmen von Führungen zugänglich: als Anschauungsobjekt dafür, was alles möglich ist – auch ohne Lottoschein. Anmeldung unter www.antonbrennerwohnungsmuseum.org/.
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