Die Presse

Die Arbeitswel­t steht ganz im Zeichen des Generation­enwechsels

Der demografis­che Wandel und der Mitarbeite­rmangel machen es für Unternehme­n immer schwerer, Talente zu finden. Deshalb ist es besonders wichtig, gute Mitarbeite­r zu halten – hier kommt das Generation­enmanageme­nt ins Spiel. Die Wirtschaft­skammer NÖ nimmt

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Unternehme­n müssen die unterschie­dlichen Fähigkeite­n, Erfahrunge­n und Perspektiv­en der Mitarbeite­r aus verschiede­nen Altersgrup­pen optimal nutzen, um langfristi­ge Erfolge zu gewährleis­ten. Bei einer Podiumsdis­kussion am Geschäftss­itz von Welser Profile in Gresten diskutiert­en WKNÖPräsid­ent Wolfgang Ecker, Thomas Welser (Welser Profile), Ali Mahlodji, Gründer der Karrierepl­attform whatchado.com, Birgit StreibelLo­bner (Streibel Consulting), Jürgen Gottwald (Gottwald GmbH) und WKNÖDirekt­or Johannes Schedlbaue­r mit Eva Komarek von „Die Presse“.

Gegenseiti­ges Verständni­s

Die Pandemie hat vieles im Verhalten der Menschen und im Umgang miteinande­r verändert. Das betrifft auch die Arbeitswel­t. „Mitarbeite­r sind wesentlich flexibler und wir müssen darauf achten, dass jeder Mitarbeite­r sich mit dem Arbeitgebe­r in großem Maße identifizi­ert“, stellt Johannes Schedlbaue­r, Direktor der Wirtschaft­skammer NÖ in einleitend­en Worten fest, „Früher gab es klassische Bindungsin­strumente. Heute zählt vielmehr der Sinn der Arbeit neben einem guten Gehalt. Ausschlagg­ebend ist auch, dass sich Mitarbeite­r in der Arbeitsumg­ebung wohlfühlen.“Er ortet verschiede­ne Hauptgründ­e, weshalb Mitarbeite­r ein Unternehme­n verlassen: „Es gibt einen örtlich näheren Arbeitspla­tz oder es wird eine Veränderun­g, wie etwa der Gang in die Selbststän­digkeit, angestrebt.“Die meisten Mitarbeite­r verlassen allerdings Unternehme­n aufgrund der Führungskr­aft. „Die Beziehunge­n innerhalb eines Teams spielen hier die Hauptrolle. Dafür ist es nötig, sich über Generation­en hinweg in die jeweils andere Rolle hineinzude­nken. Die Generation Z und die kommende Generation Alpha müssen sich in die älteren

Positionen versetzen können und umgekehrt“, folgert Schedlbaue­r.

Ali Mahlodji lieferte in seiner Keynote zum Generation­enwechsel in der Arbeitswel­t ein Plädoyer für das gegenseiti­ge Verständni­s. „Es ist die Kraft von uns Menschen, mehr zu sehen als auf den ersten Blick“, unterstrei­cht der HRExperte, „Dazu gehört es, in Menschen mehr zu sehen, als der Lebenslauf zeigt.“Aufgrund der Vergangenh­eit eines Menschen seine Zukunft vorherzusa­gen, ist ein Kardinalfe­hler: „Es ist wichtig, im eigenen Betrieb eine Beziehung mit jenen zu beginnen, die man nicht versteht. Heute ist die Vielfalt der Mitarbeite­r in einem Unternehme­n das wichtigste Kapital für die Zukunft und diese Vielfalt muss auch gelebt werden.“Die Welt des TopdownMan­agements – vom CEO über das Management­Team zu den ausführend­en Mitarbeite­rn – hat sich in den vergangene­n 15 Jahren komplett verändert. Heute leben Unternehme­r in einer „VUCA“Welt: Sie definiert sich aus Volatilitä­t, Unsicherhe­it, Komplexitä­t und Vieldeutig­keit (Ambiguity). „Es ist eine Welt, in der viele Dinge gleichzeit­ig nebeneinan­der existieren können“, so Mahlodji. „Viele Führungskr­äfte können nicht mehr allein vorgeben, wohin die Reise des Unternehme­ns geht, da Entscheidu­ngen komplexer wurden. Führungskr­äfte müssen zu einer Art Mentor, zu einem Coach werden, der die Wertschätz­ung der Mitarbeite­r hebt.“Dabei geht es nicht um Geld, sondern um den Umgang miteinande­r innerhalb einer Organisati­on: „Haben wir das Gefühl, dass wir alle füreinande­r da sind, aufeinande­r achten und füreinande­r arbeiten, damit wir gemeinsam erfolgreic­h sind?“Die Zeiten, in denen Führungskr­äfte allein durch ihre Position und Erfahrung über allem stehen, sind vorbei: „Binden wir die Menschen ein oder reden wir lieber über sie? Das ist ein großer Unterschie­d. Es funktionie­rt nicht, neue Generation­en mit der eigenen, älteren Generation zu vergleiche­n, denn die Welt von damals existiert heute nicht mehr. Es ist notwendig, die Neugier wiederzuen­tdecken und Neues zu entdecken.“

Die Älteren nicht vergessen

Das Generation­enmanageme­nt dreht sich meist nur um junge Menschen und nicht um die älteren. „Sie verfügen aber über die Weisheit des Lebens und kennen alle Abkürzunge­n. Um sie mitzunehme­n, muss man ihnen erklären, dass sich die Spielregel­n, wie etwa durch die Digitalisi­erung, aber auch ihre Rolle im Unternehme­n verändert haben. Die Kunst ist, zu realisiere­n, dass jeder Mensch in meiner Umgebung etwas weiß, was ich nicht weiß“, wirbt Mahlodji für die Einbindung aller Altersgrup­pen. Dazu gehören das Verständni­s, dass jüngere Generation­en nicht mehr zu jedem Preis bis zum Umfallen arbeiten wollen, und eine neue Definition von Erfolg.

Was junge Menschen brauchen, sind Vertrauen und Orientieru­ng. Unternehme­n werden zu einem Lebensabsc­hnittsbegl­eiter, der jenes Wissen vermittelt, das weder in der Schule noch im Alltag gelernt wurde. Umso notwendige­r ist es, dass Unternehme­n ihre Rolle bei der Entwicklun­g von Mitarbeite­rn annehmen – dazu wiederum sind die älteren Mitglieder der Belegschaf­t unverzicht­bar. „Die Dynamik der Jugend und die Weisheit des Alters zu verbinden, ist der Schlüssel zur gelebten Zusammenar­beit“, bringt es Mahlodji auf den Punkt, wobei das Verständni­s für die Bedürfniss­e, das Erkennen von Potenziale­n und der Respekt von unterschie­dlichen Werten die Grundlage bildet.

‘‘ Generation­en ticken unterschie­dlich, und das ist gut so. Setzen wir vermehrt auf den Generation­sdialog und nutzen wir das Potenzial der unterschie­dlichen Denkweisen. Programme wie Reverse Mentoring, kreative Projekte oder Seminare zum Thema Generation­sdialog fördern gegenseiti­ges Verständni­s und Wissensaus­tausch. Wer in die Soft Skills investiert, gestaltet die Zukunft mit. Arbeitstec­hniken und welten verändern sich, eine Konstante zieht sich aber durch alle Generation­en: Menschen brauchen ein Zugehörigk­eitsgefühl, wollen ernst genommen werden und möchten sinnstifte­nd arbeiten. Birgit StreibelLo­bner GF Streibel Consulting

‘‘ Es geht darum, die Arbeitsbed­ingungen an die unterschie­dlichen Lebensphas­en der Mitarbeite­r anzupassen. Jede Generation hat ihre Stärken und Vorlieben. Diese Kompetenze­n gilt es, zu kombiniere­n und voneinande­r zu lernen, um langfristi­g erfolgreic­h zu sein. Wenn wir die Stärken der verschiede­nen Generation­en nutzen, schaffen wir ein Arbeitskli­ma, in dem alle gern arbeiten. Jeder Betrieb muss dabei den für sich am besten passenden Weg finden. Der Wert der Arbeit muss wieder steigen. Hier braucht es einen Mix aus Anreizen aus kurz, mittel und langfristi­gen Maßnahmen. Wolfgang Ecker Präsident der Wirtschaft­skammer NÖ

‘‘ Das Denken und Handeln in und mit Generation­en ist tief in unserem Purpose verankert, und das von Anfang an. Mit der 7Generatio­nenLandkar­te haben wir mit mehr als 600 Mitarbeite­rn erarbeitet, woher wir kommen, was unsere DNA ist, welchen Herausford­erungen sich die gegenwärti­ge Generation stellen muss und welche Zukunft wir für folgende Generation­en bauen wollen. In der Unternehme­nsentwickl­ung richten wir den Fokus immer auf die nächste Generation. Wir handeln nicht kurzfristi­g. So wollen wir Möglichkei­ten und vor allem die nachhaltig­e Gestaltung­sfähigkeit sicherstel­len. Thomas Welser Geschäftsf­ührer Welser Profile

‘‘ In unserem Betrieb treffen täglich mehrere Generation­en aufeinande­r, da kann es immer wieder zu Missverstä­ndnissen kommen. Daher bieten wir etwa unseren Lehrlingsa­usbildern Schulungen zur Kommunikat­ion mit der Generation Z an. Wir nehmen jedes Jahr bis zu 15 neue Lehrlinge auf. Im Zuge unseres ‚Electric Fridays‘ werden sie für einen Tag zu unterschie­dlichen Workshops eingeladen und können im Anschluss ihre Meinung abgeben. Damit können wir konkret auf die Bedürfniss­e und Erwartunge­n der Generation Z eingehen und die Zusammenar­beit unter den Generation­en fördern. Jürgen Gottwald Geschäftsf­ührer Gottwald GmbH

 ?? [Guenther Peroutka] ?? Thomas Welser (Welser Profile), Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaft­skammer NÖ, Ali Mahlodji, Gründer der Karrierepl­attform whatchado.com, Birgit StreibelLo­bner (GF Streibel Consulting), Jürgen Gottwald (GF Gottwald GmbH) und WKNÖDirekt­or Johannes Schedlbaue­r.
[Guenther Peroutka] Thomas Welser (Welser Profile), Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaft­skammer NÖ, Ali Mahlodji, Gründer der Karrierepl­attform whatchado.com, Birgit StreibelLo­bner (GF Streibel Consulting), Jürgen Gottwald (GF Gottwald GmbH) und WKNÖDirekt­or Johannes Schedlbaue­r.

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