Die roten Haare und die Romantik
Eine legendäre konzertante Aufführung erschien erstmals auf CD: Franz Schmidts GotenOper „Fredigundis“. Untauglich für die Bühne – aber herrliche Klänge!
Eine Oper über die Goten? Das komme gar nicht infrage, ätzte Richard Strauss einst über einen einschlägigen Vorschlag, inspiriert von Felix Dahns damals populärem Roman „Der Kampf um Rom“.
Der bedeutende Symphoniker Franz Schmidt ist dennoch auf den Stoff hereingefallen: Nach seinem Opernerstling, der nicht nur wegen des hitparadentauglichen Zwischenspiels hörenswerten „Notre Dame“, komponierte er ein Musikdrama um die schöne rothaarige „Fredigundis“, die Mord und Totschlag in Kauf nahm, um an die Macht zu kommen.
Auf der Bühne war diese verführerische MerowingerSchönheit bereist im Barock: HändelZeitgenosse Reinhard Keiser komponierte die erste Oper dieses Namens. Franz Schmidt hat den schwachen Text nach einem ungeheuer effektvollen Vorspiel, „Königsfanfaren“, mit blühend schöner Musik übergossen. Das Duett im Finale des ersten Akts, aber auch der Schluss der Oper sind für Kenner und Freunde spätromantischer Klangsinnlichkeit Sternstunden. Ob des harmonischen Reichtums und der melodischen Pracht vergisst man nicht nur sprachliche Banalitäten rasch, sondern denkt auch nicht darüber nach, in welch fragwürdigem dramaturgischen Umfeld die musikalischen Nummern stehen.
Zu einer szenischen Realisierung dieses Werks, das vor genau 100 Jahren unter Clemens Krauss seine Erstaufführung an der Wiener Staatsoper erlebt hat, wird es gewiss nicht mehr kommen. Umso verdienstvoller war 1979 die vom ebenso umtriebigen wie kenntnisreichen Dirigenten Ernst Märzendorfer betriebene konzertante Wiederaufführung im Musikverein, bei der das RSO lustvoll den Farbenreichtum der Partitur auskostete.
Was die Veranstalter vergessen
Dazu – übrigens als Einspringerin für Helga Dernesch – Dunja Vejzovic in der Titelpartie: eine Sängerin, deren Karriere kurz währte, die aber damals dank ihres leuchtkräftigen, zu ekstatischen Klängen fähigen Soprans erste Wahl für solch heikle Rollen war. Ein Jahr später sang sie für Herbert von Karajan die Kundry in Wagners „Parsifal“.
Unter dem Label Orfeo erschien nun eine CDVersion des Livemitschnitts. Ein willkommener Repertoirezuwachs, der hören lässt, was Musikfreunden heuer entgeht: Es wäre Schmidts 150. Geburtstag zu feiern, aber unsere Veranstalter haben vollkommen darauf vergessen.