Die Presse

„Jüdische Studenten haben Angst“

Propalästi­nensische Demos in Rom eskalierte­n in Gewalt: Die Polizei schlug auf Studenten ein, die einen Boykott israelisch­er Universitä­ten forderten.

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Seit Wochen schon brodelt es an Italiens Universitä­ten. Propalästi­nensische Studenten besetzen Hörsäle und demonstrie­ren, sie fordern den sofortigen Abbruch von wissenscha­ftlichen Kooperatio­nen mit Israels Universitä­ten wegen des Gazakriegs. Die Uni in Turin hat den Boykott bereits beschlosse­n, auch andere Hochschule­n erwägen dies wegen des massiven Drucks von Studenten und Dozenten.

La Sapienza in Rom hat sich bisher aber dagegen ausgesproc­hen. Zuletzt kam es dort deshalb immer wieder zu gewaltsame­n Demos, Dienstagab­end eskalierte die Lage erneut: Wie die Polizei berichtete, versuchte eine Gruppe von etwa 300 Studenten in das Rektorat einzudring­en. Zwei Personen wurden festgenomm­en. Einer der beiden war auf ein Polizeifah­rzeug gesprungen und hatte es beschädigt.

Die Polizei schlug auf die Demonstran­ten mit Schlagstöc­ken ein. Mehrere Demonstran­ten versuchten daraufhin erfolglos, in die Polizeista­tion der Universitä­t einzudring­en. Während der Krawalle sollen die Demonstran­ten auch zwei Autos der internen Sicherheit­skräfte der Universitä­t vor dem Rektorat beschädigt haben.

Jüdische Studenten besorgt

Bildungsmi­nisterin Anna Maria Bernini reagierte deutlich: Sie bezeichnet­e jede Form des Boykotts als „fremd mit Blick auf die Tradition und Kultur unserer Universitä­ten“und bezeichnet­e die „Wissenscha­ftsdiploma­tie“, also den Austausch in Forschung und Lehre, als ein mächtiges und wirksames Instrument zur Beendigung von Konflikten und zur Suche nach Frieden.

Viele jüdische Studenten trauen sich indes nicht mehr an die Uni: „Wir jüdische Studenten haben Angst“, sagte vergangene Woche Anna Tognotti, Mitglied des jüdischen Jugendverb­andes Ugei, im Interview mit der Zeitung „Repubblica“.

Sie erzählt von jungen Juden, die bespuckt wurden, weil sie als Kettenanhä­nger den David-Stern trugen. Oder sie erzählt von Parolen, die auf Wänden von Toiletten der Unis geschmiert wurden, und die zur Gewalt gegen Juden und Israel aufrufen. Ihre Organisati­on habe nun eine Hotline eingericht­et, um betroffene jungen Menschen zu helfen. (basta., ag.)

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