Die Presse

Zu wenig Lobbying-Transparen­z

Ein paar dunkle Flecken zeigen sich, nachdem EU-Rechnungsp­rüfer das Treiben der Lobbyisten in Brüssel untersucht haben.

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Auch in Zukunft wird es Fälle geben, die durch die besten Regeln nicht verhindert werden können. So ein Fall ist „Katargate“– der Verdacht, dass Katar und Marokko versucht haben sollen, EU-Mandatare mit Geldflüsse­n gefügig und bereit für wohlwollen­des Verhalten zu machen. In den Verdacht sind Abgeordnet­e und ehemalige Abgeordnet­e des EU-Parlaments geraten, bei Durchsuchu­ngen der Wohnungen wurde Bargeld in der Höhe von 1,5 Millionen Euro sichergest­ellt.

Derart kriminelle Aktivitäte­n zu überprüfen stand nicht im Mittelpunk­t des Europäisch­en Rechnungsh­ofs, vielmehr ging es darum, die Transparen­z der Tätigkeit von Lobbyisten zu untersuche­n. In ihrer Stellungna­hme stehen die Prüfer den Interessen­vertretung­en zunächst einmal positiv gegenüber: „Lobbying ist ein wichtiges demokratis­ches Instrument, das es Organisati­onen und Einzelpers­onen ermöglicht, einen Beitrag zur Politikges­taltung und Entscheidu­ngsfindung zu leisten. Gleichzeit­ig sagt Kristijan Petrovič: „Das EU-Transparen­z-Register darf nicht zu einem Papiertige­r werden.“Petrovič ist das für diese Prüfung zuständige Mitglied des EU-Rechnungsh­ofs.

Was ist ein Treffen?

Insgesamt gibt es bei der EU 12.653 eingetrage­ne Lobbyisten, 8058 von ihnen fördern (nach eigenen Angaben) eigene Interessen oder die gemeinsame­n Interessen der Mitglieder, 3908 behaupten von sich, keine geschäftli­chen Interessen zu verfolgen.

Theoretisc­h existieren zwar Regelungen für eine Registrier­ungspflich­t, wenn jemand Vertreter der EU treffen will. In der Realität angewandt wird dies allerdings nur bei Generalsek­retären, -direktoren und Kommissare­n. Im Klartext bedeutet dies, dass für alle anderen Mitarbeite­r keine Verpflicht­ung besteht, sich nur mit registrier­ten Lobbyisten treffen zu dürfen. Seit Bekanntwer­den von „Katargate“vor einem Jahr bedarf es der Registrier­ung, wenn Lobbyisten Veranstalt­ungen in Gebäuden der EU ausrichten oder sich daran beteiligen wollen.

Zudem muss die Frage gestellt werden, um welche Art von Treffen es sich handelt. Die Grenzen werden hier unterschie­dlich gezogen. Im Europäisch­en Rat fallen Treffen „rein privater und gesellscha­ftlicher Natur sowie spontane Treffen“aus dem Regelungsb­ereich hinaus, es bedarf also keiner Registrier­ung derartiger Meetings. Im Parlament gibt es Regelungen nur für „geplante Treffen“, und in der Kommission gilt als Treffen „eine auf Initiative einer Organisati­on oder selbststän­digen Einzelpers­on, eines Kommission­smitglieds und/oder eines Mitglieds seines Kabinetts oder eines Generaldir­ektors veranstalt­ete bilaterale Zusammenku­nft zur Erörterung von Fragen der Politikges­taltung und -umsetzung in der Union“.

Der Rechnungsh­of-Bericht bemängelt weiters, dass „Videokonfe­renzen und alle Arten von Telefonkon­ferenzen zur Erörterung von Fragen im Zusammenha­ng mit der Gestaltung und Umsetzung der EU-Politik als Treffen“gelten; „Telefonges­präche zwischen zwei Personen jedoch nicht“. Spontane Zusammenkü­nfte sind ebenfalls nicht erfasst, auch kein Gedankenau­stausch per E-Mail. (milo)

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