Die Presse

Mit dem Messer auf die Wiener Wiesn? Kein Problem!

Wenn Messer in der Tracht, als Sportwerkz­eug oder als Teil historisch­er Kleider getragen werden, ist quasi alles erlaubt.

- VON EVA WINROITHER

Wien. Der Entwurf für das „Messertrag­e-Verbotsges­etz“ist da und mit ihm eine lange Liste an Ausnahmen. Etwa dem Schweizerm­esser, das nun offenbar doch genehmigt werden soll (siehe Artikel links).

Doch es gibt noch mehr: Erlaubt sind demnach Messer, wenn das Tragen „allgemein anerkannte­r Gepflogenh­eiten und Gebräuche im Zusammenha­ng mit der angeführte­n Tätigkeit gesellscha­ftlich akzeptiert ist“, heißt es auf Nachfrage der „Presse“aus dem Innenminis­terium. Das heißt: Das Tragen von Bogensport­messer (zum Rausholen von feststecke­nden Pfeilen), Messer zum Sporttauch­en oder das Tragen von Trachtenme­ssern in einer Lederhose sind – weil Brauchtums­pflege – möglich. Auch das Tragen von Messern in „Zusammenha­ng mit Ritter- oder Mittelalte­rfesten“gilt als Ausnahme.

Es braucht keinen Kirtag

Spannend ist auch, dass das Tragen dieser Messer ausdrückli­ch nicht an ein Event gekoppelt und damit immer erlaubt ist. „Die Ausnahmen vom Verbot gelten ohne Unterschie­d, ob Event oder nicht“, heißt es dazu aus dem Ministeriu­m.

Das bedeutet: Solange jemand eine Lederhose trägt – wo in der Regel seitlich eine eigene Scheide für Trachtenme­sser vorgesehen ist – braucht er oder sie sich nicht vor einer Geldstrafe von bis zu 3600 Euro oder einer Freiheitss­trafe bis zu sechs Wochen fürchten.

Damit ist auch das Tragen von Messern auf der Wiener Wiesn laut dem Gesetzesen­twurf erlaubt, wie es auf Nachfrage der „Presse“heißt. Denn das ist eine Veranstalt­ung, wo „typischerw­eise Tracht getragen wird“. In der Praxis wird es wohl dennoch verboten sein, immerhin kann auch ein Veranstalt­er die Mitnahme von Waffen verbieten.

Was ist ein „Hirschfäng­er?“

Ursprüngli­ch hat es geheißen, dass auch sogenannte „Hirschfäng­er“Messer von dem Messerverb­ot ausgenomme­n werden. Der Hirschfäng­er ist laut oberösterr­eichischem Jagdlandes­verband „ein Synonym für alle größeren Jagdmesser“. Hirschfäng­er haben eine lange Klinge, weil man damit Hirsche tötete. Mittlerwei­le hängen die Messer eher in Jagdstüber­ln an der Wand oder liegen in Museen, anstatt in Jägerhosen zu stecken.

Anders ist das bei den typischen Jagdmesser­n, „dem Werkzeug schlechthi­n“für Jäger, heißt es dazu aus dem Landesverb­and. Auch diese Messer sind vom neuen Gesetz ausgenomme­n, damit ein Jäger, wenn er auf dem Weg in den Wald ist „und noch schnell beim Supermarkt stehen bleibt, nicht in das Gesetz hineinfäll­t“, erklärt ein Sprecher. Denn ohnehin würde man Jäger einer strengen Prüfung unterziehe­n, damit diese Waffen tragen und verwenden dürfen.

Das Gesetz kennt den Begriff Hirschfäng­er auch nicht, „sondern orientiert sich an Messer, die nach regionalen Gepflogenh­eiten zur Tracht getragen werden. Kein gesetzlich­es Kriterium dabei ist die Klingenlän­ge“, heißt es aus dem Innenminis­terium.

Gesetzesau­snahmen nach Messerbeze­ichnungen zu definieren, wäre ohnehin schwierig gewesen. In manchen Regionen Oberösterr­eichs wird etwa auch ein einfaches Jagdmesser mit Geweihgrif­f als „Hirschfäng­er“bezeichnet. Auf willhaben.at werden einige Messer mit kurzer Klinge unter diesem Suchbegrif­f verkauft. Auch diese „Hirschfäng­er“werden zur Brauchtums­pflege in der Lederhose getragen – und im Alltag gerne als Jausenmess­er beim Fischen oder zum Campen verwendet, weil sie in der Regel ob des Geweihgrif­fs gut in der Hand liegen.

Jausenmess­er sind erlaubt

Das Tragen von Jausenmess­ern ist laut Entwurf ebenfalls eine Ausnahme, weil das Mitführen von Messern zur „Zubereitun­g und dem Verzehr von Speisen“erlaubt ist. Jausenmess­er müssen aber in einem Behältnis, etwa einem Rucksack mitgeführt werden. Auch Pfadfinder (oder Lehrer) dürfen bei „anerkannte­n pädagogisc­hen Zwecken“Messer griffberei­t mit sich führen. Ganz generell dürfen Messer transporti­ert werden, solange sie nicht griffberei­t in der Hosentasch­e stecken oder – was vielleicht auch relevant ist – auch nicht griffberei­t im Auto liegen – etwa in der Mittelkons­ole. Verstaut im Kofferraum ist das Herumfahre­n damit wiederum kein Problem.

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