Chinas Comeback: Holprig, aber fulminant
Das Reich der Mitte ist endgültig zurück auf dem Weg zur Sportmacht, die Formel 1 ist nur ein Vorgeschmack.
Als in Österreich die Masken fielen und sich die Lokale wieder füllten, wurde auf dem Shanghai International Circuit, dort, wo sonst die Formel-1-Boliden ihre Runden drehten, gerade ein neues provisorisches Corona-Krankenhaus mit über 13.000 Betten eröffnet. Nun, fast genau zwei Jahre später, darf die Rennstrecke wieder ihrem eigentlichen Zweck nachkommen und einen Grand Prix beherbergen – womit dieses Wochenende nach allen Lockdowns und Einreisebeschränkungen die endgültige Rückkehr Chinas in den Weltsport markiert.
2019 war in Shanghai zuletzt gefahren worden, ehe Chinas gnadenlose Null-Covid-Politik den Sport im Land völlig zum Erliegen brachte. Mit der Ausnahme jenes Wahnwitzes in der „Bubble“von Peking, der dem Rest der Welt als Olympische Winterspiele 2022 verkauft worden war.
Nun, da der Spuk auch in China zu Ende ist, sind die Sportorganisatoren ganz erpicht darauf, wieder lukrative Events in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu veranstalten – oder im Fall der Formel 1 auf dem größten Automobilmarkt der Welt. Nicht einmal die Netflix-Erfolgsserie „Drive to Survive“konnten die Chinesen während der fünfjährigen F1-Abwesenheit schauen, weil der Streamingdienst in China nicht empfangbar ist, und doch hätte der ShanghaiGP gleich drei Mal restlos ausverkauft werden können, trotz Preisen von umgerechnet bis zu knapp 500 Euro.
Auch die Tennisturniere von ATP und WTA sind zurück im Land, die Kletterer sind hier in ihre Weltcupsaison gestartet, und Peking hat sich Großevents wie die Leichtathletik-WM 2027 und SchwimmWM 2029 gesichert. Gekrönt wird Chinas Comeback auf der Sportbühne aber wohl schon heuer, im Jahr des Drachen, in Paris.
Einer Vorhersage der Experten von Gracenote Sports zufolge wird China bei den Sommerspielen ab 26. Juli insgesamt 89 Medaillen abräumen, davon 35 in Gold. Das Reich der Mitte wird damit hinter den USA den Medaillenspiegel anführen.
Natürlich ist nicht alles eitel Wonne unter Hammer und Sichel: Chinas Fußballambitionen hat die Pandemie endgültig ins Abseits befördert. Die Dollarmilliarden, mit denen Fußballstars ins Land gelockt wurden, sind verpufft, die Immobilienkrise versetzte der Chinese Super League dann endgültig den Todesstoß, schließlich waren mehr als die Hälfte der Topklubs im Besitz von Immobilienfirmen.
Und auch auf dem Shanghai Circuit holpert es im wahrsten Sinn des Wortes. Die von 2019 bekannten Bodenwellen gibt es immer noch – angeblich, weil China trotz fünf Jahren Rennpause die Wartungsarbeiten verschlafen hat.
Gekrönt wird die Rückkehr in Paris, mit Sommerspielen im Zeichen von Hammer und Sichel.