René Benko verhandelte persönlich
Obwohl er keine offizielle Rolle bei Signa hatte, soll der Gründer des Immobilienkonzerns selbst die Gespräche mit Investoren und Bankvertretern geführt haben.
Seit heute, Mittwoch, ist der Konkurs des einst epochalen Immobilienkonzerns Signa auch im Firmenbuch eingetragen. Die Gesellschaft ist „aufgelöst“, heißt es nun amtlich. Während René Benkos berufliches Lebenswerk zusammenstürzt, türmen sich hingegen Fragen zu der Rolle des Unternehmensgründers in der Causa auf. Denn offizielle Funktion hatte er keine, abseits jener des Investors über seine Familienstiftung.
Wer trägt die Schuld, und wer zog die Strippen? Die Antworten auf diese Fragen könnten juristisch weitreichende Konsequenzen haben. Am Dienstag wurde bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Benko nun auch persönlich sowie gegen eine weitere Person ermittelt.
Vielzahl an Anzeigen
Schon seit Monaten schlägt eine wahre Flut an Anzeigen zu Signa und Benko bei der Staatsanwaltschaft auf, wie „Die Presse“berichtet hat. „Diese werden auf das Vorliegen eines strafrechtlichen Anfangsverdachts geprüft und laufend bearbeitet“, heißt es in einer Aussendung der WKStA.
Für Aufsehen sorgen nun neue Aussagen des Anwalts Johannes Zink. Er vertritt mehre Banken und Investoren, die dem Tiroler Geschäftsmann Geld geliehen haben. Laut dem ORF handelt es sich dabei unter anderem um die Schellhammer Capital Bank, die zur Grawe-Bankengruppe gehört und Signa einen Kredit von über 25 Millionen Euro gewährt haben soll. Das Geldinstitut hat die gesamte Kreditsumme bereits abgeschrieben. „Es gibt erst einmal klare Fälle, die belegen, dass Herr Benko selbst die Kreditverhandlungen geführt hat“, sagte Zink der deutschen „Bild“-Zeitung. „Dies ist besonders bemerkenswert, da er in den offiziellen Dokumenten, wie dem Firmenbuch, nicht als Geschäftsführer aufgeführt ist.“Weiters verweist er darauf, dass Benko persönlich im Austausch mit Investoren gestanden haben soll.
Damit wird abermals die Frage nach dem faktischen Geschäftsführer aufgeworfen. Im Allgemeinen spricht man von einem faktischen Geschäftsführer, wenn die bestellten Geschäftsführer als Strohmänner ihrer Funktion nicht nachkommen. Entscheidend ist das für etwaige Haftungsfragen. Selbst wenn René Benko zentrale Entscheidungen getroffen hätte, bliebe wohl bei der enormen Konzerngröße von Signa genügend Arbeit für weitere Signa-Manager übrig. Auch Banken selbst haben eine Sorgfaltspflicht. Derzeit rechnet z. B. die Hypo Vorarlberg mit Signa bedingten Ausfällen von rund 131 Millionen Euro. Ein Großteil der Banken gibt an, Kredite hypothekarisch besichert zu haben.
Wurden Millionen verschoben?
Laut Zink sollen die Gespräche stattgefunden haben, „als bereits absehbar war, dass diese Kredite aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage der Firma nicht zurückgezahlt werden könnten“. Benkos Anwalt Norbert Wess wies die Anschuldigungen gegenüber der „Presse“zurück. „Die Vorwürfe in der diesbezüglichen Anzeige sind haltlos und entbehren jeder Grundlage.“Das Team aus mehreren Oberstaatsanwälten sowie Wirtschaftsexperten ermittelt gemeinsam mit der Sonderkommission des Bundeskriminalamts.
Die Insolvenz ist die größte in der österreichischen Wirtschaftsgeschichte.
Doch nicht nur die einzelnen Insolvenzen der vielen Signa-Firmen werden zur jahrelangen Mammutaufgabe für Anwälte, sondern auch diverse Ermittlungen. So wurde im März bekannt, dass auch gegen einen Geschäftsführer einer Signa-Projektgesellschaft wegen schweren Betrugs rund um eine Kapitalbeschaffungsmaßnahme ermittelt wird. Der Verdacht lautet, dass Investments von Kapitalgebern nicht in die versprochenen Projekte investiert worden seien. Die Schadenshöhe ist derzeit noch Gegenstand der Ermittlungen. Eine Darstellung von Investoren spricht in einem Fall von nicht weniger als 300 Millionen Euro.
Deutlich früher aktiv wurden die Gesetzeshüter in Deutschland. Dort geht die Staatsanwaltschaft München schon seit Monaten einem Geldwäscheverdacht bei Signa nach. Im Fokus steht dabei ein Geschäft um das ehemalige HertieWarenhaus in München. Für den Deal wurden etwa eine Milliarde Euro geborgt. Die Landesbank Hessen Thüringen soll sich mit 450, die Raiffeisen Bank International mit 120 und die Stadtsparkasse München mit 70 Millionen Euro beteiligt haben.