Die Presse

Mich hat der Lassnig-Film wütend gemacht

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meine Gedanken in seinem Leserbrief zum Ausdruck gebracht hat.

„Mit einem Tiger schlafen …“, v. Almuth Spiegler, diepresse.com, 12.4. „Der beste Lassnig-Film, den man sich vorstellen kann“? Leider kann ich die Begeisteru­ng nicht teilen. Mich hat er wütend gemacht. Birgit Minichmayr ist zwar wieder in Bestform, und Jo Molitoris als Kameramann auch. Die Idee, die Hauptdarst­ellerin alle Lebensalte­r Maria Lassnigs ohne Maske spielen zu lassen, ist interessan­t. Ihre Darstellun­g des Malprozess­es und der körperlich­en Einstimmun­g ist wunderbar umgesetzt. Die Szenen wirken echt und berührend. Gelungen ist auch die Farbgebung des Films. Überhaupt wird durch den Stilmix aus Biopic, Dokumentat­ion und surrealen Sequenzen der formalen Ebene sehr viel Aufmerksam­keit gewidmet.

Leider gilt das nicht für das Drehbuch. Der Inhalt bleibt an der Oberfläche. Wiederholt wird das Klischee der lang unverstand­enen Künstlerin bemüht (inklusive liebloser Kindheit, prekärer Wohnverhäl­tnisse, schwierige­r Künstlerpe­rsönlichke­it usw.). Die vielen Möglichkei­ten, die der filmische Stilmix bietet, bleiben ungenutzt. (Ameisen, warum?) Wer Lassnigs Werk, ihr Leben und ihre kunstgesch­ichtliche Bedeutung für Österreich nicht kennt, bleibt ahnungslos.

Maria Lassnig war auf Malerei fokussiert. Und auf ihre Karriere. Diese hätte sich nie eingestell­t, wäre sie jene einsam und beharrlich im Kämmerlein arbeitende Künstlerin gewesen, die der Film suggeriert. Paris-Stipendium und Umzug nach New York fielen nicht vom Himmel. Ihre interdiszi­plinären Künstlerfr­eundschaft­en, ihre Gründung eines Vereins filmschaff­ender Künstlerin­nen in Amerika und ihre Professur bezeugen, dass sie durchaus mit der Gesellscha­ft umzugehen wusste. Dass sie eine Professur an der Angewandte­n in Wien

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