Der Iran droht Israel mit neuer Wunderwaffe
Der iranische Präsident Raisi warnt Israel vor einem „grenzenlosen“Militärschlag. Das Regime in Teheran steht knapp davor, eine Atombombe zu bauen.
Die iranische Führung will Israel mit der Warnung einer unkontrollierbaren Eskalation von einer starken militärischen Antwort auf den Raketenangriff vom Wochenende abbringen. Wenn der Iran auf den erwarteten israelischen Militärschlag reagiere, werde seine Antwort „keine Grenzen“kennen, sagte Präsident Ebrahim Raisi laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA. Andere iranische Politiker drohen mit dem Einsatz einer Wunderwaffe und heizen damit Spekulationen über eine Atombombe an. Drohkulissen gehören im iranisch-israelischen Konflikt zum Geschäft. Allerdings sind nicht alle Drohungen realistisch.
Im iranischen Regime zeichnet sich seit dem Wochenende eine Art Arbeitsteilung ab. Einige Politiker wie Außenminister Hossein Amirabdollahian betonen, der Iran wolle keinen Krieg mit Israel, sondern sehe die Auseinandersetzung nach dem Raketenbeschuss erst einmal als erledigt an.
Antwort „innerhalb von Sekunden“
Amirabdollahian sagte am Rande eines Besuchs bei der UNO in New York, der Iran habe die USA – den wichtigsten Partner Israels – vor und nach dem Beschuss vom Sonntag informiert. Die Botschaft sei gewesen, „dass wir keine zusätzlichen Spannungen in der Region wollen“, sagte der Außenminister laut IRNA. Mit diesen versöhnlichen Tönen will Teheran nicht nur eine neue Eskalationsrunde mit Israel vermeiden, sondern auch versuchen, neue Sanktionen von USA und Europa zu verhindern.
Andere Regimevertreter deuten an, dass der Iran nach der Angriffswelle vom Sonntag noch viel gefährlichere Pfeile im Köcher habe. Amirabdollahians Stellvertreter Ali Bagheri Kani sagte, wenn Israel zurückschlagen sollte, werde der Iran „innerhalb von Sekunden“antworten. Der Sprecher des Ausschusses für Nationale Sicherheit im Teheraner Parlament, Abolfazl Amouei, sprach von einer – nicht näher genannten – „Waffe, die wir noch nie eingesetzt haben“, die gegen Israel gerichtet werde.
Diese Äußerungen sollen Israel verunsichern und von einem harten Militärschlag abhalten und gleichzeitig Regimeanhänger im Iran und im Nahen Osten beeindrucken. Das Problem für die iranischen Politiker besteht aber darin, dass es kaum einen Staat gibt, der so gut über das iranische Waffenarsenal Bescheid weiß wie Israel. Die Militärplaner in Tel Aviv dürften die Stärken und Schwächen des Gegners besser kennen als viele Politiker in Teheran.
Dass die „Waffe, die wir noch nie eingesetzt haben“, eine Atombombe sein könnte, ist deshalb sehr unwahrscheinlich. Israel beobachtet das iranische Atomprogramm aufmerksam. Der Iran hat die Urananreicherung in seinen Atomanlagen in jüngster Zeit zwar vorangetrieben und die Arbeit internationaler Atominspekteure eingeschränkt.
„Nicht selbstmörderisch“
Ein ehemaliger Chef des iranischen Atomprogramms schreckte den Westen im Februar mit der Bemerkung auf, das Regime in Teheran habe alle Teile für eine Atombombe beisammen und müsse sie nur noch zusammensetzen. Ob das stimmt und ob der Iran die Bombe wirklich will, ist aber umstritten. Das Uran mag vorhanden sein – aber ob die iranischen Streitkräfte auch über die Technik verfügen, einen Atomsprengstoff auf eine Trägerrakete zu montieren, ist nicht bekannt.
Dazu kommt : Wenn der Iran eine Atomwaffe einsetzen würde, wäre eine militärische Antwort der USA unvermeidlich – und das könnte das Ende der Islamischen Republik bedeuten. „Die Islamische Republik ist kein selbstmörderisches Regime“, sagt Ali Fathollah-Nejad, Gründungsdirektor der Berliner Denkfabrik CMEG. Das Regime achte zuallererst „auf das eigene Überleben“, sagte Fathollah-Nejad der „Presse“.
Ältere Raketen eingesetzt
Zu den realistischeren Optionen einer iranischen Antwort auf Israel zählt ein Beschuss mit Raketen, der wesentlich stärker ausfallen könnte als der vom Sonntag. Die iranischen Streitkräfte haben Tausende Raketen in ihren Arsenalen. Manche Experten wollen bei dem Angriff vom Sonntag vor allem ältere iranische Raketen gesehen haben, was bedeuten würde, dass Teheran seine modernen und schlagkräftigeren Waffen zurückhielt. Außerdem könnte der Iran die Hisbollah-Miliz im Libanon für einen Angriff auf Israel einsetzen und so versuchen, die israelische Flugabwehr zu überwinden.
Doch auch in diesem Fall bliebe für Raisi und Revolutionsführer Ali Khamenei die große Frage, was danach kommen würde. Denn dass der Iran die Militärmacht Israel mit einem groß angelegten Raketenangriff nicht entwaffnen kann, weiß auch die Führung in Teheran.