Die Presse

Geheimdien­st auf dem Prüfstand

Auf rot-pinken Wunsch muss eine Kommission den Staatsschu­tz auf Spionage-Lecks prüfen. Derweil diskutiere­n die Parteien über einen Russland-U-Ausschuss – nach der Wahl.

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER

Neben all den strafrecht­lichen Ermittlung­en hat die Geheimdien­st-Affäre rund um den mutmaßlich­en Russland-Spion Egisto Ott auch eine parteipoli­tische Komponente – und die wird immer größer. Seit Wochen schieben sich die Parteien die Verantwort­ung dafür zu, wie es dazu kommen konnte, dass eine Zelle mit ehemaligen Geheimdien­stlern womöglich gegen nationale Interessen arbeitet. Die ÖVP sieht darin einen „FPÖSkandal“, auch Grüne und Neos rücken die Freiheitli­chen ins Zentrum der Vorwürfe – während die FPÖ die Schuld bei der ÖVP sieht.

Die politische Verantwort­ung soll, darin scheinen sich die Parteien einig, bald im Rahmen eines eigenen Untersuchu­ngsausschu­sses geklärt werden – allerdings wohl nicht mehr in diesem Jahr. Vor der Wahl ginge sich die Einsetzung eines U-Ausschusse­s ob der Vorlaufzei­ten kaum mehr aus, zumal derzeit mit den Untersuchu­ngen zur Cofag und zum „rot-blauen Machtmissb­rauch“noch zwei Ausschüsse laufen. Insofern sind vorerst andere Instrument­e vonnöten, wenn die Parteien nebst strafrecht­lichen Ermittlung­en gewisse Aufklärung­smaßnahmen setzen wollen.

Von einem wurde am Donnerstag­nachmittag Gebrauch gemacht: Im „Ständigen Unteraussc­huss des Ausschusse­s für Innere Angelegenh­eiten“des Parlaments, auch Geheimdien­st-Ausschuss genannt, beantragte­n SPÖ und Neos erstmals die Beauftragu­ng der „Unabhängig­en Kontrollko­mmission“des Verfassung­sschutzes. Das ist möglich, wenn man mehr als ein Viertel der Mitglieder des Ausschusse­s stellt. Die Kommission ist gesetzlich verankert, laut SPÖ-Sicherheit­ssprecher Reinhold Einwallner hat sie aufgrund von Akteneinsi­chtsrechte­n in der Direktion Staatsschu­tz und Nachrichte­ndienst (DSN) „viele Möglichkei­ten“. Und: Paragraf 17a des „Staatsschu­tzund Nachrichte­ndienstGes­etzes“sieht vor, dass innerhalb von drei Monaten ein schriftlic­her Bericht vorgelegt wird. Im Vorjahr wurde das fünfköpfig­e Gremium für zehn Jahre bestellt, angeführt wird es derzeit von der Strafrecht­lerin Ingeborg Zerbes – die schon mit der Aufarbeitu­ng der Vorgänge vor dem Wiener Terroransc­hlag 2020 betraut war. Die Kommission kann von sich aus tätig werden, vom Ausschuss oder vom Innenminis­ter

beauftragt werden. Dieser hat vor wenigen Tagen bereits Kontakt mit Zerbes aufgrund der Spionage-Causa aufgenomme­n, sagt ein Sprecher des Innenresso­rts.

Zusätzlich soll nun dem rotpinken Verlangen nach geprüft werden, „durch welche Sicherheit­svorkehrun­gen bestmöglic­h ausgeschlo­ssen wird, dass Versuche externer Einflussna­hme – insbesonde­re durch Spionage – erfolgreic­h sind“. Ebenfalls fragen die Abgeordnet­en, „inwiefern daran gearbeitet wird, Spionagene­tzwerke zu identifizi­eren“und „welche internen Abläufe es gibt, um das Verhalten von Beamten zu kontrollie­ren“. Gefragt wird auch nach den Sicherheit­sstandards und Zugriffsre­chten in den Landesämte­rn für Staatsschu­tz.

U-Ausschuss mit Gas-Streit?

Und der U-Ausschuss? Der würde dann – so die Parteien ihre Ankündigun­gen nach der Wahl überhaupt umsetzen – wohl erst im Jahr 2025 mit Befragunge­n beginnen können. Die Neos arbeiten daran, den anderen Parteien schon jetzt schriftlic­he Bekenntnis­se abzuringen. FPÖChef

Herbert Kickl erklärte dazu allerdings, dass man sich vorher „seriös zusammense­tzen und das verhandeln“müsse. An sich bekannten sich zuletzt aber neben ÖVP und SPÖ auch die Blauen zu einem Russland-U-Ausschuss. Geht es nach Neos und Grünen, soll dabei viel mehr als nur Spionage untersucht werden: Ihnen gehe es vor allem auch um die Frage, wie es zur massiven Abhängigke­it Österreich­s von russischem Gas gekommen sei, heißt es, die Grünen wollen sich generell „den Verstricku­ngen mit Russland“widmen.

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[Unbekannt] Die „Direktion Staatsschu­tz und Nachrichte­ndienst“am Wiener Rennweg wird aufgrund der Causa Ott geprüft.

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