Teilhaber? Kickls Problem mit der „Ideenschmiede“
Herbert Kickl war oder ist an einer Agentur beteiligt, die Kick-back-Zahlungen an die FPÖ leistete. Eine bekannte Geschichte taucht nun im Wahlkampf wieder auf.
Die Verbindungen der FPÖ in Richtung Russland und zum Spionage-Netzwerk um Egisto Ott dominieren derzeit die Debatten um die Freiheitliche Partei. Doch es gibt noch ein weiteres Thema, das sich für Parteichef Herbert Kickl auf dem Weg zum Bundeskanzleramt als Fallstrick erweisen könnte: die Affäre um die Werbeagentur Ideenschmiede. Die ist zwar schon lang bekannt, vor allem die Stadtzeitschrift „Falter“hat immer wieder darüber berichtet und Dokumente veröffentlicht, aufgeklärt wurde die Angelegenheit aber nie.
1 Welche Rolle spielte die Agentur Ideenschmiede?
Die Finanzierung der FPÖ solle über eine Agentur laufen, hatte der damalige Parteichef, Heinz-Christian Strache, im Ibiza-Video vorgeschlagen. Die Ideenschmiede ist ein geradezu idealtypisches Beispiel für so ein Modell. Gegründet 2005 in Klagenfurt, betreute die Agentur sowohl die FPÖ als auch das gerade von der FPÖ abgespaltene BZÖ – und erhielt Aufträge in beträchtliche Höhe von der damals von den Freiheitlichen dominierten Kärntner Landesregierung. Von Letzterem wollten die Kärntner Freiheitlichen auch profitieren: In einem Vertrag findet sich der bemerkenswerte Satz: „Bei Aufträgen von FPÖ-Landesregierungsbüros bekommt die FPÖ Kärnten 20 Prozent des Auftragsvolumens von der Agentur gutgeschrieben.“Da handelte es sich also um vertraglich fixierte Kick-back-Zahlungen von Steuergeld, wofür der frühere Landeshauptmannstellvertreter Uwe Scheuch 2020 auch verurteilt wurde, während der Agenturchef mit einer Diversion davonkam.
Die Freiheitlichen in Kärnten, das war damals das BZÖ. Es gibt aber auch einen Hinweis, dass die FPÖBundespartei von der Tätigkeit der Agentur profitiert haben könnte: Ein Zeuge sagte vor der Staatsanwaltschaft unter Wahrheitspflicht aus, Agenturchef Thomas Sila sei mit 70.000 Euro im Koffer zu Strache nach Wien gefahren. Das bestreiten sowohl Sila als auch Strache. Auch die Staatsanwaltschaft hat die Aussage nicht aufgegriffen und kein Verfahren gegen Strache eingeleitet.
2 Was hat Herbert Kickl mit der Ideenschmiede zu tun?
Kickl hat die Agentur gemeinsam mit Sila gegründet, ist aber nie im Firmenbuch aufgeschienen. Es gibt einen Treuhandvertrag, laut dem Kickl Hälfteeigentümer der Ideenschmiede ist, Sila dessen Anteile aber treuhändisch verwaltet. Sila kann demnach das Stimmrecht nur entsprechend den Aufträgen Kickls ausüben und muss ihm die Bilanzgewinne auszahlen oder nach dessen Weisung verwenden.
Kickl selbst spricht von einer „Drecks- und Sudelkampagne“. Er sei nur wenige Wochen lang Gesellschafter der Ideenschmiede gewesen und habe den Treuhandvertrag dann mündlich gekündigt. Sila spricht von einer schriftlichen Kündigung des Vertrags, das Schriftstück hat er bislang aber nicht vorgelegt.
Was dagegen spricht: 2010 erwirbt Sila das Gebäude, in dem die Ideenschmiede
untergebracht ist. Und abermals ist er nicht allein der Käufer, sondern erwirbt die Liegenschaft gemeinsam mit Kickl und hält dessen Anteil über einen Treuhand-Vertrag.
3 Wie beurteilt die Justiz die Angelegenheit und die Rolle Kickls?
Es gab das erwähnte Verfahren gegen Sila und Uwe Scheuch – aber keines gegen Herbert Kickl. Zwar wollte der Staatsanwalt die Rolle des FPÖ-Chefs klären und dafür die Immunität des Abgeordneten aufheben lassen, doch das scheiterte am Veto des damaligen Sektionschefs, Christian Pilnacek. Der begründete das laut „Falter“damit, dass man Kickl auch dann, wenn er noch Eigentümer sein sollte, nicht einfach unterstellen könne, von dubiosen Geschäften seines Geschäftsführers erfahren zu haben. In einer Anfragebeantwortung schreibt die grüne Justizministerin, Alma Zadić, im Februar 2020, trotz umfangreicher Ermittlungen habe letztlich nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden können, ob Treuhandvereinbarungen
zwischen Sila und Kickl tatsächlich eingehalten bzw. „gelebt“worden seien. Ermittelt wurde gegen Kickl nie, aber er wurde als Zeuge einvernommen.
4 Warum ist die Ideenschmiede jetzt wieder ein Thema?
Die ÖVP hat in ihrer Suche nach Wahlkampfmunition die Causa zum Thema des Untersuchungsausschusses zu „rot-blauem Machtmissbrauch“gemacht. Thomas Sila war schon geladen, hat aber sein Kommen verweigert, Kickl ist bei seinem Auftritt bei seiner bisherigen Argumentation geblieben. ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger erwartet sich nun neue Erkenntnisse aus den zusätzlich angeforderten Akten: Da geht es um die Akten der Strafverfahren gegen Scheuch und Sila sowie um die Weisung, mit der Ermittlungen gegen Kickl verhindert wurden. Und auch die Steuerakten der Ideenschmiede und von Kickl selbst will die ÖVP sehen – und rechnet auch damit, diese zu bekommen: „Ich wüsste nicht, was dagegen spricht“, so Hanger. Steuerakten würden nur dann nicht geliefert, wenn gerade eine Prüfung läuft. Daraus könne man sehen, ob der FPÖ-Chef Gewinne aus der Firma oder der Liegenschaft versteuert hat. Zu klären sei auch, ob der Treuhandvertrag tatsächlich mündlich gekündigt werden kann oder ob dafür wiederum ein Notariatsakt notwendig wäre.
Den Geschäftsführer der Ideenschmiede, die sich inzwischen in „Signs“umbenannt hat, will die ÖVP doch noch im U-Ausschuss sehen. Für sein erstmaliges Nichterscheinen habe er bereits eine Beugestrafe durch das Bundesverwaltungsgericht erhalten, bei weiterer Weigerung würde man ihn zwangsweise vorführen lassen.