US-Behörden gehen hart gegen Bitcoin-Mixer vor
Die Verhaftung der beiden Gründer des Bitcoin-Mixers Samourai hat eine Privatsphäre-Debatte ausgelöst.
Am Mittwoch sind die Gründer der Samourai Wallet, Keonne Rodriguez und William Lonergan Hill, festgenommen worden. Die US-Staatsanwaltschaft wirft den beiden vor, ein illegales Geldtransferunternehmen betrieben zu haben, über das Transaktionen in Höhe von zwei Milliarden Dollar abgewickelt und 100 Millionen Dollar gewaschen worden sein sollen. Die Gelder sollen unter anderem aus der Schwarzmarktplattform Silk Road stammen, auf der unter anderem auch Drogen und Waffen gehandelt wurden. SilkRoad-Gründer Ross Ulbricht wurde bereits 2015 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der Fall löste Kontroversen aus, Kritiker meinen, Ulbricht selbst habe nichts anderes getan als eine App entwickelt.
Doch wie kommt die Behörde nun zu den Vorwürfen gegen die Samourai-Gründer? Die Samourai Wallet fungierte als Bitcoin-Mixer. Wer Wert auf seine Privatsphäre legt, kann seine Bitcoin mit denen von anderen Nutzern mischen, bis die Herkunft nicht mehr nachvollzogen werden kann. Das ist grundsätzlich legal – sofern man es tatsächlich nur tut, um seine Privatsphäre zu schützen.
Das U.S. Attorney’s Office des Southern District of New York meint jedoch, das Unternehmen habe als Hafen für kriminelle Geldwäscher und Umgeher von Sanktionen fungiert, und die beiden Betreiber hätten das nicht nur gewusst, sondern auch begünstigt. So sollen die beiden im Juni 2022 auf Twitter gepostet haben: „Welcome new Russian oligarch Samourai Wallet users“. Im August desselben Jahres erklärten sie einem Nutzer, dass sie „voll und ganz auf Zensurresistenz sowie auf Schwarz- und Graumärkte fokussiert“seien.
Unternehmen in Sorge
Die US-Behörden haben vor der Verhaftung der beiden mit Europol sowie den portugiesischen und irischen Behörden zusammengearbeitet. Einer der beiden Gründer, Hill, wurde in Portugal festgenommen und soll an die USA ausgeliefert werden. Bei einigen Wallet-Anbietern geht nun die Angst um: Der Betreiber der Lightning-Wallet Phoenix kündigte an, seinen Dienst in den USA einstellen zu wollen, was viele als übertriebenen Schritt sehen.
Jack Dorsey, der Gründer von Twitter, meinte etwa, dieser Rückzug fühle sich komplett unnötig an. In Europa bietet Phoenix weiterhin seine Dienstleistungen an: Das LightningProtokoll ermöglicht es, kostengünstig kleinere Zahlungen tätigen zu können, die nicht sofort in die Blockchain eingetragen werden, sondern erst, wenn der entsprechende Lightning-Kanal (ein Seitenarm der Blockchain) geschlossen wird.
Es ist nicht das erste Mal, dass Mixing-Services ins Visier der US-Behörden geraten. So wurde erst kürzlich der Betreiber des MixingDienstes Fog, Roman Sterlingov, schuldig gesprochen, Geldwäsche begünstigt zu haben, ihm drohen 20 Jahre Haft. Demnächst startet ein Prozess gegen den Entwickler des Mixers Tornado Cash, Roman Storm.
Soll Privatsphäre für BitcoinNutzer damit verunmöglicht werden? Die Plattform Blocktrainer verweist darauf, dass es auch MixingServices gibt, die einen Mittelweg zwischen völliger Privatsphäre und Überwachung gehen: Wasabi etwa filtere anhand der Listen des Office of Foreign Assets Control (OFAC) potenziell illegale und sanktionierte Akteure heraus, sie dürfen die MixingDienstleistung nicht in Anspruch nehmen.
Dass sich Mixing-Dienste für kriminelle Aktivitäten im großen Stil ohnehin nicht eignen, hat der Fall zweier Hacker gezeigt, die im Jahr 2016 von der Plattform Bitfinex 119.756 Bitcoin gestohlen hatten. Sie jagten die Gelder durch mehrere Mixer. Bei dieser milliardenschweren Summe war es aber unmöglich, alle Spuren zu verwischen. Die Behörden kamen ihnen schließlich auf die Spur.
Auf der Blockchain hinterlässt man Spuren, weshalb oft die Rede davon ist, dass man Bitcoin nicht anonym, sondern nur pseudonym nutzen kann. Man kann die Spuren von Zahlungen verfolgen, und wenn einmal ein Bezug zu einer konkreten Person hergestellt ist (weil diese etwa Bitcoin an einer Börse gegen Euro oder Dollar tauscht), kann man die ganze Transaktionshistorie nachvollziehen. Mixer und Coinjoins ermöglichen mehr Privatsphäre, doch grundsätzlich kann man auch dann Kriminellen auf die Spur kommen, wenn sie etwa gemischte Bitcoin bei einer Zahlung wieder mit anderen Bitcoin zusammenfassen, deren Herkunft bekannt ist – oder andere Fehler begehen. Aus gutem Grund ist die kriminelle Nutzung von Kryptowährungen rückläufig und betrug zuletzt noch 0,34 Prozent aller Transaktionen, wie aus dem „Crypto Crime Report 2024“der Analysefirma Chainalysis hervorgeht.
Privatsphäre muss der
Normalfall sein und keine
Ausnahme, sonst machen
sie sie zu etwas Kriminellem.
Edward Snowden NSA-Whistleblower
Ist Privatsphäre kriminell?
In der Bitcoin-Szene wurde die jüngste Aktion der US-Behörden äußerst kontrovers aufgenommen. Während einige meinen, dass der Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung nun einmal wichtig sei und man sich eben an Gesetze halten müsse, sehen andere darin nur einen Vorwand, um die Privatsphäre sukzessive einzuschränken.
Edward Snowden, jener Whistleblower, der die Welt über das Ausmaß der NSA-Überwachung informiert hatte und nun im Exil in Russland festsitzt, kritisierte auf der Plattform X: „Das Justizministerium hat schon wieder die Entwickler einer App kriminalisiert, die finanzielle Privatsphäre wiederherstellt. Die Lösung muss sein, dass Privatsphäre in Geldfragen der Normalfall ist. Privatsphäre darf nie die Ausnahme sein, sonst machen sie sie zu etwas Kriminellem.“