Studium oder Lehre: Zahlt es sich eigentlich noch aus zu studieren?
Lohnt es sich finanziell noch, ein Studium abzuschließen, oder ist in Zeiten des Fachkräftemangels eine Lehrausbildung die bessere Wahl?
Die guten Nachrichten zuerst: Leser und Leserinnen zwischen Mitte 30 und Mitte 40 haben es schon geschafft – ihre erste Million. Zumindest wenn es um die erwirtschaftete Brutto-Million geht. In der Einkommensstatistik ist diese bei Männern im Alter zwischen 37 und 42 Jahren zu finden, bei Frauen zwischen 41 und 50 Jahren. Das wurde von Wifo-Ökonomen berechnet. Im Schnitt gilt das für alle Berufsgruppen, aber in manchem Sektor verdient man diese schneller. „Ein Studienabschluss ist weiterhin ein Garant für einen schnellen Berufseinstieg sowie ein gutes Einstiegsgehalt.“Das zumindest sagt Tobias Thomas, Generaldirektor der Statistik Austria. Gemeinsam mit der Universität Wien wurden in einem Projekt Karrieren von Hochschulabsolventen verfolgt, aber dazu später mehr. Denn viele junge Menschen beginnen ein Studium und erhoffen sich mit dem Dasein als Akademiker oder Akademikerin ein gutes Gehalt. 2023 gab es laut Statistik etwa 392.000 eingeschriebene Studenten
Auf der Website gehaltskompass.at gibt es von fast 1800 Berufen. Die Gehaltsangaben entsprechen Bruttogehältern bzw. Bruttolöhnen beim Berufseinstieg. Die Datengrundlage stammt aus den entsprechenden Mindestgehältern in Kollektivverträgen. Betrieben wird die Seite vom Arbeitsmarktservice. und Studentinnen in Österreich – im Vergleich dazu gab es nur etwa 108.000 Auszubildende. Es ist ein deutlicher Trend: Die Lehrausbildung – die es übrigens nur im D-A-CHRaum gibt – verliert im direkten Vergleich zum Studium zunehmend an Beliebtheit. Aber ist das berechtigt?
Laut der Karriereplattform Stepstone liegt das Medianeinkommen bei Akademikern bei 63.700 Euro brutto jährlich und das durchschnittliche Einkommen mit einem Lehrabschluss bei rund 46.667 Euro pro Jahr. Und vergleicht man aktuelle Gehälter von Akademikern mit denen von Personen mit niedrigeren Bildungsabschlüssen, zeigen sich zum Teil deutliche Unterschiede: Akademiker verdienen im Vergleich rund 21 Prozent mehr. Am unteren Ende der Gehaltsspanne zeigt sich, dass aktuell Pflichtschulabsolventen rund sechs Prozent weniger verdienen als Personen mit Lehrabschluss – hier ist der Abstand also deutlich geringer als am oberen Ende.
Nachfrage bei Facharbeitern
Dennoch ist diese Rechnung zu einfach. Denn längst nicht jeder oder jede mit einem Studienabschluss zählt eines Tages zu den Spitzenverdienern. Der sehr gute Verdienst etwa von Ärzten und Ingenieuren hebt den Gehaltsdurchschnitt bei Akademikern deutlich. Es gibt Lehrberufe, mit denen man ein gutes Gehalt erzielen kann und Studien, mit denen man weniger verdient – und umgekehrt.
Zudem hat die Lehrausbildung in frühen Jahren einen Vorteil: Junge Menschen verdienen schon früh ein festes Gehalt. Wenn zudem ein Teil des Gehalts gleichzeitig investiert wird, kann sich daraus ein passables Vermögen entwickeln. Dennoch stoßen Menschen ohne Studienabschluss an eine gläserne Decke: In jungen Jahren steigt das Gehalt deutlich, ab Mitte 30 gleicht es sich dem eines Akademikers an. Doch während diese dann weiter steigen, bleibt das Gehalt von Menschen ohne Studienabschluss oft stehen. Diese Formel geht aber nicht grundsätzlich auf, denn vor allem Facharbeiter werden hierzulande stark nachgefragt. Jobsuchende können in diesem Bereich also stärker die Bedingungen bestimmen. Das betrifft auch die Bezahlung. Denn: Je stärker ein Job nachgefragt ist, desto höhere Abweichungen vom Durchschnittsgehalt sind drin.
Bachelor gleicht sich an
Wer an die gläserne Decke stößt, kann auch ein duales Studium beginnen. Wichtig dabei ist: Ein akademischer Titel ist nicht ein Garant für eine Gehaltserhöhung. Das Studium braucht eine Relevanz für die Stelle und sollte zuvor mit dem Arbeitgeber abgesprochen werden. Aber, auch wenn das Studium zumindest finanziell nicht sofort hilft: Dadurch können Aufstiegschancen gesteigert werden und der Weg zu anderen Positionen – manchmal auf Führungsstellen – wird frei.
Zurück zu der Studie der Statistik Austria und der Universität Wien: Die Analyse besagt, dass sich zumindest das Gehalt in der akademischen Ausbildung annähert: Ob Bachelor- oder Masterabschluss, macht nur noch wenig Unterschied. Masterabsolventen steigen trotzdem noch deutlich schneller in das Berufsleben ein: Im Median gelang es Berufseinsteigern mit Bachelorabschluss, innerhalb von zwei Monaten am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen – mit Masterabschluss in weniger als einem Monat.
Bei der Wahl eines Ausbildungsberufs oder Studiengangs kommt es auch auf die eigenen Neigungen an. Die finanzielle Komponente sollte eher eine untergeordnete Rolle spielen. Ein Studium ist nicht automatisch Garant dafür, später viel Geld oder in jedem Fall mehr als mit einer beruflichen Ausbildung zu verdienen.