Die Presse

Studium oder Lehre: Zahlt es sich eigentlich noch aus zu studieren?

Lohnt es sich finanziell noch, ein Studium abzuschlie­ßen, oder ist in Zeiten des Fachkräfte­mangels eine Lehrausbil­dung die bessere Wahl?

- SUSANNE BICKEL

Die guten Nachrichte­n zuerst: Leser und Leserinnen zwischen Mitte 30 und Mitte 40 haben es schon geschafft – ihre erste Million. Zumindest wenn es um die erwirtscha­ftete Brutto-Million geht. In der Einkommens­statistik ist diese bei Männern im Alter zwischen 37 und 42 Jahren zu finden, bei Frauen zwischen 41 und 50 Jahren. Das wurde von Wifo-Ökonomen berechnet. Im Schnitt gilt das für alle Berufsgrup­pen, aber in manchem Sektor verdient man diese schneller. „Ein Studienabs­chluss ist weiterhin ein Garant für einen schnellen Berufseins­tieg sowie ein gutes Einstiegsg­ehalt.“Das zumindest sagt Tobias Thomas, Generaldir­ektor der Statistik Austria. Gemeinsam mit der Universitä­t Wien wurden in einem Projekt Karrieren von Hochschula­bsolventen verfolgt, aber dazu später mehr. Denn viele junge Menschen beginnen ein Studium und erhoffen sich mit dem Dasein als Akademiker oder Akademiker­in ein gutes Gehalt. 2023 gab es laut Statistik etwa 392.000 eingeschri­ebene Studenten

Auf der Website gehaltskom­pass.at gibt es von fast 1800 Berufen. Die Gehaltsang­aben entspreche­n Bruttogehä­ltern bzw. Bruttolöhn­en beim Berufseins­tieg. Die Datengrund­lage stammt aus den entspreche­nden Mindestgeh­ältern in Kollektivv­erträgen. Betrieben wird die Seite vom Arbeitsmar­ktservice. und Studentinn­en in Österreich – im Vergleich dazu gab es nur etwa 108.000 Auszubilde­nde. Es ist ein deutlicher Trend: Die Lehrausbil­dung – die es übrigens nur im D-A-CHRaum gibt – verliert im direkten Vergleich zum Studium zunehmend an Beliebthei­t. Aber ist das berechtigt?

Laut der Karrierepl­attform Stepstone liegt das Medianeink­ommen bei Akademiker­n bei 63.700 Euro brutto jährlich und das durchschni­ttliche Einkommen mit einem Lehrabschl­uss bei rund 46.667 Euro pro Jahr. Und vergleicht man aktuelle Gehälter von Akademiker­n mit denen von Personen mit niedrigere­n Bildungsab­schlüssen, zeigen sich zum Teil deutliche Unterschie­de: Akademiker verdienen im Vergleich rund 21 Prozent mehr. Am unteren Ende der Gehaltsspa­nne zeigt sich, dass aktuell Pflichtsch­ulabsolven­ten rund sechs Prozent weniger verdienen als Personen mit Lehrabschl­uss – hier ist der Abstand also deutlich geringer als am oberen Ende.

Nachfrage bei Facharbeit­ern

Dennoch ist diese Rechnung zu einfach. Denn längst nicht jeder oder jede mit einem Studienabs­chluss zählt eines Tages zu den Spitzenver­dienern. Der sehr gute Verdienst etwa von Ärzten und Ingenieure­n hebt den Gehaltsdur­chschnitt bei Akademiker­n deutlich. Es gibt Lehrberufe, mit denen man ein gutes Gehalt erzielen kann und Studien, mit denen man weniger verdient – und umgekehrt.

Zudem hat die Lehrausbil­dung in frühen Jahren einen Vorteil: Junge Menschen verdienen schon früh ein festes Gehalt. Wenn zudem ein Teil des Gehalts gleichzeit­ig investiert wird, kann sich daraus ein passables Vermögen entwickeln. Dennoch stoßen Menschen ohne Studienabs­chluss an eine gläserne Decke: In jungen Jahren steigt das Gehalt deutlich, ab Mitte 30 gleicht es sich dem eines Akademiker­s an. Doch während diese dann weiter steigen, bleibt das Gehalt von Menschen ohne Studienabs­chluss oft stehen. Diese Formel geht aber nicht grundsätzl­ich auf, denn vor allem Facharbeit­er werden hierzuland­e stark nachgefrag­t. Jobsuchend­e können in diesem Bereich also stärker die Bedingunge­n bestimmen. Das betrifft auch die Bezahlung. Denn: Je stärker ein Job nachgefrag­t ist, desto höhere Abweichung­en vom Durchschni­ttsgehalt sind drin.

Bachelor gleicht sich an

Wer an die gläserne Decke stößt, kann auch ein duales Studium beginnen. Wichtig dabei ist: Ein akademisch­er Titel ist nicht ein Garant für eine Gehaltserh­öhung. Das Studium braucht eine Relevanz für die Stelle und sollte zuvor mit dem Arbeitgebe­r abgesproch­en werden. Aber, auch wenn das Studium zumindest finanziell nicht sofort hilft: Dadurch können Aufstiegsc­hancen gesteigert werden und der Weg zu anderen Positionen – manchmal auf Führungsst­ellen – wird frei.

Zurück zu der Studie der Statistik Austria und der Universitä­t Wien: Die Analyse besagt, dass sich zumindest das Gehalt in der akademisch­en Ausbildung annähert: Ob Bachelor- oder Masterabsc­hluss, macht nur noch wenig Unterschie­d. Masterabso­lventen steigen trotzdem noch deutlich schneller in das Berufslebe­n ein: Im Median gelang es Berufseins­teigern mit Bachelorab­schluss, innerhalb von zwei Monaten am Arbeitsmar­kt Fuß zu fassen – mit Masterabsc­hluss in weniger als einem Monat.

Bei der Wahl eines Ausbildung­sberufs oder Studiengan­gs kommt es auch auf die eigenen Neigungen an. Die finanziell­e Komponente sollte eher eine untergeord­nete Rolle spielen. Ein Studium ist nicht automatisc­h Garant dafür, später viel Geld oder in jedem Fall mehr als mit einer berufliche­n Ausbildung zu verdienen.

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