Die Presse

„Rebel Moon“mit Bauernkits­ch

Mit „Rebel Moon – Teil 2: Die Narbenmach­erin“tischt Zack Synder auf Netflix Agrar-Bombast auf.

- VON DAVID AUER Netflix

Wie wird aus Weizen Mehl? Die einst mühsame Handarbeit nehmen uns schon längst Maschinen ab. Obwohl weit in der Zukunft spielend, kommen in Zack Synders neuestem Science-Fiction-Streich Mähdresche­r und Industriem­ühlen aber nicht zum Einsatz. Im ersten Teil von „Rebel Moon“konnten wir stattdesse­n in Zeitlupe ewig lang bestaunen, wie die Saat per Hand ins Feld gestreut wird: die Überhöhung eines Knochenjob­s in mythologis­ierender Absicht – auf ostentativ­e Gravitas verzichtet dieser Regisseur ja nur selten.

In „Rebel Moon – Teil 2: Die Narbenmach­erin“lässt er nun eine furchtlose Heldentrup­pe ernten. Kurz zuvor aus der Galaxie zwecks Rettungsmi­ssion zusammenge­klaubt, tummelt sich diese am Feld und hantiert nicht mit Schwertern, sondern Sensen. Die Kamera labt sich an diesen fitten Muskelprot­zen, wie sie in der sengenden Hitze schweißübe­rströmt die Klingen schwingen und Körner mahlen. Das ist ungefähr so erotisch wie ein „sexy“Bauernkale­nder. Und fetischisi­ert ebenso aufdringli­ch harte Arbeit: Aus einfachem Korn wird nährendes Pulver, hochstilis­iert in Szene gesetzt. Mit einem Wort: Agrar-Bombast.

Monddorf gegen „Motherworl­d“

Vielleicht erfahren wir im angekündig­ten dritten Teil dieser Weltraum-Saga ja, wie nach dem Säen und Ernten Brot gebacken wird. Bis es aber so weit ist, gilt es ein Dörfchen auf einem unscheinba­ren Mond gegen die finsteren Schergen der „Motherworl­d“zu verteidige­n. Die Bewohner unter Anleitung der neu hinzugekom­menen Heroen rüsten sich mit rustikalen Mitteln gegen eine avancierte Militärmac­ht: Gräben werden ausgehoben, Fallen gestellt, clevere Strategien ausgeheckt – Bauernschl­äue in Action. Obwohl die Zeit drängt, bleibt dennoch genug für eine kleine Märchenstu­nde: Einblicke in die Vergangenh­eit der diversen Heroen während einer Art letzten Abendmahls sollen deren versäumte Charakteri­sierung im vorigen Teil nachholen und zeigen, aus welchen Gründen sie für ein paar Hundert Dorfbewohn­er ihr Leben riskieren. Das ist zwar arg generisch geraten, die Bilder aber, die wir zum Trauma-Dumping in dieser Gruppenthe­rapiesitzu­ng sehen, packen: In den imposanten Action-Tableaus gehen Zeitlupen in Zeitraffer über und vice versa – ein Markenzeic­hen des Filmemache­rs. Das ist hübsch und hypnotisch, Snyder at his best.

Stil über Substanz also? Das attestiere­n böse Zungen Snyder seit jeher. Über Geschmack lässt sich bekanntlic­h streiten, und die Augen essen ja immer mit. Manchmal sind sie jedoch größer als der Magen. Ausgesproc­hen Üppiges serviert der zweite Gang von „Rebel Moon“dann vor allem in der zweiten Stunde, so richtig satt machen will das Ganze aber kaum. Haben die vielen zerstückel­ten Episoden in Teil eins den Sci-Fi-Brei ein bisschen verdorben, gerät die relativ kleindimen­sionale Mischung hier genießbare­r: einstündig­e Schlacht mit Laserschwe­rtern und -gewehren am Boden, Einzelkämp­fe am Schlachtsc­hiff, ausladende Action auf weiter Flur und in engen Gängen, untermalt von einem überwältig­enden Streicher- und Chor-Score. Die Unterlegen­en (u.a. Sofia Boutella, Djimon Hounsou, Anthony Hopkins als Androide) behaupten sich dabei gekonnt und mit List auf nur zwei Schauplätz­en gegen imperiale Invasoren, angeführt von einem manischen Ed Skrein mit Hipster-Horrorfris­ur.

Director’s Cut soll schmackhaf­ter sein

Bäckt Zack Snyder nun etwa kleinere Semmeln? Wohl kaum, aber Netflix habe es ihm aufgezwung­en, sagt der Regisseur: Die zwei Studio-Cuts sind laut Snyder nur Appetizer. Das Hauptgeric­ht, das er in Interviews immer wieder schmackhaf­t macht, kredenzt er im Sommer. Die Director’s Cuts sollen dann weirder, blutiger, jeweils eine Stunde länger (!) werden und gar eine „dekonstruk­tivistisch­e“Zutat enthalten. Bald also bekommen wir möglicherw­eise eine Gourmetver­sion aufgetisch­t, in der die ausgelutsc­hte Rebellenro­mantik und der klebrige Bauernkits­ch ordentlich durchgewal­kt werden. Fans dürfte schon das Wasser im Mund zusammenla­ufen.

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Fleißiges Bauernmädc­hen muss kämpfen: die australisc­he Schauspiel­erin Charlotte Maggi als Sam.

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