Die Presse

Schotten-Premier nimmt nach chaotische­n Tagen den Hut

Nach gut einem Jahr an der Spitze ist Humza Yousaf als First Minister abgetreten. Die Krise seiner Partei dürfte indes anhalten.

- Von unserem Korrespond­enten PETER STÄUBER

„Politik kann brutal sein“, sagte Humza Yousaf am Montagmitt­ag, als er seinen Rücktritt als Erster Minister Schottland­s ankündigte. Nur dreizehn Monate nach seinem Antritt als Regierungs­chef warf der Chef der Schottisch­en Nationalpa­rtei (SNP) das Handtuch. Die Demission kam nicht überrasche­nd: Innerhalb weniger Tage hat Yousaf eine handfeste Regierungs­krise vom Zaun gerissen. Der Rücktritt blieb als einziger Ausweg.

Auslöser der Turbulenze­n war Yousafs Entscheid am Donnerstag, das Kooperatio­nsabkommen mit der Grünen Partei aufzukündi­gen. Laut diesem „Bute House Agreement“, das unter seiner Vorgängeri­n Nicola Sturgeon im August 2021 geschlosse­n worden war, arbeiteten SNP und Grüne bei einer Reihe von Themen zusammen, die Grünen stellten zwei Minister. Lange Zeit funktionie­rte das ganz gut. Bis die SNP-Führung entschied, die schottisch­e Klimapolit­ik aufzuweich­en. Sie warf das Ziel, die Kohlenstof­femissione­n bis 2030 um 75 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken, über Bord. Die Grünen waren entsetzt.

Mit der Aufkündigu­ng des Bute House Agreements ging der Streit erst richtig los. Sowohl Labour wie auch die Tories kündigten separate Misstrauen­svoten an. Aufgrund der Mehrheitsv­erhältniss­e im Parlament von Edinburgh – die SNP hat keine absolute Mehrheit – wäre es für Yousaf knapp geworden. So entschloss er sich, selbst zu gehen. Er habe unterschät­zt, wie „kränkend die Art und Weise, in der ich das Bute House Agreement beendet habe“, für die Grünen gewesen sei, sagte er in seiner Rücktritts­rede. Die Demission sei das Beste für die Partei und das Land.

Unabhängig­keit rückt in Ferne

Das Parlament in Edinburgh hat nun 28 Tage Zeit, sich auf einen mehrheitsf­ähigen Kandidaten als Regierungs­chef zu einigen. Zu den möglichen Nachfolger­n Yousafs zählt John Swinney, ein SNP-Schwergewi­cht, der unter Nicola Sturgeon als stellvertr­etender Erster Minister amtierte. Humza Yousaf wird in Amt bleiben, bis sein Nachfolger bestimmt ist. Sollte sich das Parlament auf niemanden einigen können, würden Neuwahlen folgen.

Insgesamt steht die SNP vor dem Problem, dass ihr wichtigste­s Ziel, die Unabhängig­keit Schottland­s, in weite Ferne gerückt ist. Denn 2022 urteilte das höchste Gericht im Land, dass ein neues Referendum ohne Zustimmung Londons nicht stattfinde­n kann.

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