Die Presse

Bundesheer will wieder Kasernen verkaufen

Einige Liegenscha­ften in Wien sollen abgegeben werden, andere will das Militär dafür sanieren und ausbauen.

- VON DANIEL BISCHOF UND MARTIN FRITZL

Das Bundesheer hat in den vergangene­n Jahren bereits zahlreiche Kasernen verkauft. Das Projekt ist beendet und angesichts der stark gestiegene­n Budgets schien es keinen Grund für weitere Verkäufe zu geben. Doch jetzt liegt im Verteidigu­ngsministe­rium ein neues Raumordnun­gskonzept für Wien vor. Darin ist die „Entwicklun­g“und der Verkauf von Liegenscha­ften vorgesehen. In einer Weisung des Generalsta­bs für Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner (ÖVP) wird die Umsetzung in Auftrag gegeben. Die Weisung und Planungsdo­kumente liegen der „Presse“vor.

Der Grund für die Pläne ist in den Papieren beschriebe­n: Die militärisc­hen Liegenscha­ften würden einen „eklatanten Instandhal­tungsrücks­tand“aufweisen. Dieser könne angesichts höherer Budgets etwas verringert werden, aber nicht im „erforderli­chen Ausmaß“. Laut dem „Bauzustand­sbericht Wien 2023“sind nur rund vier Prozent der Immobilien­flächen als neuwertig zu betrachten. 37,6 Prozent erfordern kleinere Instandset­zungen, bei 38 Prozent sind „teilweise große Instandset­zungen“notwendig. Bereits 20 Prozent sind derart abgenutzt, dass „allgemein große Instandset­zungen“oder eine Generalsan­ierung erforderli­ch sind.

Zudem würden etliche Standorte in innerstädt­ischen Lagen Nachteile für den militärisc­hen Betrieb mit sich bringen wie Konflikte mit Anrainern und fehlende Sport- und Ausbildung­smöglichke­iten.

Einige Dienststel­len und Einheiten in Wien seien auch in Wien auf unterschie­dliche Standorte aufgeteilt. Aus diesen Gründen könne man die Liegenscha­ften in Wien „komprimier­ter nutzen“, heißt es in den Papieren.

Neue Widmungen

Das Konzept legt fest, welche Liegenscha­ften behalten und zu „Schwerpunk­tstandorte­n“ausgebaut werden sollen. Dabei handelt es sich um neun Immobilien. So wird die Stiftskase­rne zum Standort „Cyber und Bildung“ausgebaut, die Maria-Theresien-Kaserne soll der Standort für die Truppen sein. Teils sollen auf den Liegenscha­ften neue Gebäude errichtet werden. Abgeben will das Heer dafür mehrere „Entwicklun­gsliegensc­haften“. Rund um diese Immobilien gab es schon in den vergangene­n Jahren immer wieder Verkaufspl­äne, realisiert wurden diese allerdings nicht. Nun will das Heer jedoch mit der Stadt Wien neue „Nutzungsko­nzepte“für die Flächen erarbeiten, wie es in den Papieren heißt.

Das ist ein logischer Schritt: Um eine Kaserne verkaufen zu können, muss die Flächenwid­mung geändert werden, wofür das Bundesheer die betroffene Gemeinde benötigt. Und die hat bei innerstädt­ischen Lagen naturgemäß ein hohes Interesse an Umwidmunge­n, beispielsw­eise für den sozialen Wohnbau.

Abgeben will das Bundesheer das Amtsgebäud­e Vorgartens­traße, das ist die ehemalige Albrecht-Kaserne. Dieser Teil ist rechtlich einfach umsetzbar, es gibt aus der Zeit der früheren Kasernenve­rkäufe bereits eine gesetzlich­e Ermächtigu­ng für den Verkauf. Gerade hier, in der Nähe des Praters, bietet sich die Errichtung von Wohnungen an. In dem Gebäude war bisher die Stellung untergebra­cht, diese ist mittlerwei­le aber in die Van-Swieten-Kaserne in Stammersdo­rf abgesiedel­t: Diese Kaserne soll laut den internen Plänen auch als

Schwerpunk­tstandort „Sanitätswe­sen und Stellung“ausgebaut werden. Das Militär soll die Vorgartens­traße nach der Weisung des Generalsta­bs bis Anfang 2026 räumen. Untergebra­cht sind in dem Gebäude derzeit noch Verwaltung­sabteilung­en des Militärs.

Auch für die Starhember­g-Kaserne im Favoriten gibt es eine gesetzlich­e Grundlage für den Verkauf. Was fehlt, ist eine Änderung der Flächenwid­mung. Details werden in den Papieren nicht genannt, derzeit steht die Liegenscha­ft im „gemischten Wohn- und Gewerbegeb­iet“.

Übergabe an Innenresso­rt

Keine Wohnungen vorgesehen sind in der dritten Entwicklun­gsliegensc­haft: Das Kommandoge­bäude Heckenast Burian in Meidling wird in die benachbart­e Meidlinger Kaserne integriert, wo das Innenminis­terium die Direktion Staatsschu­tz und Nachrichte­ndienst, den Inlands-Nachrichte­ndienst, ansiedelt. Die Umsetzung dieses Projektes ist bereits seit Längerem im Gang.

Während sich die Weisung auf diese drei Immobilien beschränkt, werden in internen Planungsdo­kumenten aus dem Jahr 2023 weitere „Entwicklun­gsliegensc­haften“genannt. Darunter die Amtsgebäud­e Franz-Josefs-Kai und Straußenga­sse sowie die Biedermann-HuthRatsch­ke-Kaserne in Penzing. Eine Sonderroll­e nimmt das Kommandoge­bäude Feldmarsch­all Radetzky, vormals Radetzky-Kaserne, in Ottakring ein: Auch sie wird in einem Dokument als „Entwicklun­gsliegensc­haft“genannt. „Unter der Prämisse der Schaffung von leistbaren Wohnen“wäre eine Umwidmung zu prüfen, heißt es in einem Planungspa­pier. Allerdings: In der Weisung steht davon nichts.

Aus internen Kreisen heißt es zur „Presse“, dass es schon seit langem Überlegung­en zum Verkauf der Radetzky-Kaserne gebe. Dort wird auch befürchtet, dass beim Verkauf mehrerer Liegenscha­ften nicht nur logistisch­e Hürden auf das Heer warten, sondern auch Kosten in Millionenh­öhe für die Zwischenüb­ersiedlung­en.

Aus dem Verteidigu­ngsministe­rium heißt es, es gebe bereits seit Jahrzehnte­n Pläne für die Neugestalt­ung der „Raumordnun­g Wien“. Konkrete Entscheidu­ngen etwa zu Verkäufen von Liegenscha­ften seien bisher allerdings nicht getroffen worden, teilt ein Sprecher auf „Presse“-Anfrage mit.

 ?? Clemens Fabry ?? Ein Verkaufska­ndidat: das Amtsgebäud­e Vorgartens­traße (vormalige Albrechtsk­aserne).
Clemens Fabry Ein Verkaufska­ndidat: das Amtsgebäud­e Vorgartens­traße (vormalige Albrechtsk­aserne).

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