Wie man Qualifikation verschwendet
Gut ausgebildete Migranten werden schikanös vom Arbeitsmarkt ferngehalten.
„Österreich braucht Zuwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht in unser Sozialsystem“, sagte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker neulich. Da hat er uneingeschränkt recht. Der größere Teil der Zuwanderung, jener über die Asylschiene, ist arbeitsmarkttechnisch nämlich eine schlichte Katastrophe: Nach sechs Jahren im Land ist annähernd die Hälfte der so zugewanderten Afghanen und Syrer laut Integrationsfonds immer noch ohne Job, bei Tschetschenen sind es fast zwei Drittel. So etwas passiert, wenn man die Kontrolle über den Zuzug verliert.
Aber es gibt ja auch noch die reguläre Zuwanderung. Menschen, die zum Arbeiten kommen. Teilweise hoch qualifizierte Fachkräfte, deren Arbeitsmarktbeteiligung in der Regel sogar höher liegt als jene der ansässigen Bevölkerung. Hier bremsen aber bürokratische Schikanen und Hürden für die Anerkennung von Qualifikationen die so dringend notwendige qualifizierte Zuwanderung. Das Ergebnis dieser Verschwendung von Humankapital: Annähernd die Hälfte der zugewanderten Akademiker, egal, ob sie regulär oder irregulär ins Land gekommen sind, stecken europaweit in Jobs, die weit unter ihrem Qualifikationslevel liegen.
Die spanische Tageszeitung „El Pais“ist gemeinsam mit der britischen „Financial Times“und zwei Recherchenetzwerken dem Problem umfassend auf den Grund gegangen. Fazit: Die Wahrscheinlichkeit, dass sich kein Job auf dem erworbenen Qualifikationsniveau findet, ist für zugewanderte Akademiker in vielen europäischen Regionen rund doppelt so hoch wie für Einheimische. Und Österreich liegt auch hier im Spitzenfeld: 54 Prozent der zugewanderten Akademiker arbeiten hier unter ihrem Qualifikationsniveau. Nur in Griechenland und Italien ist es noch schlimmer.
Europa schafft es also nicht, den Zuzug von Minderqualifizierten in das Sozialsystem zu stoppen. Und sorgt am anderen Ende der Skala dafür, dass Hochqualifizierte wegen bürokratischer Gängeleien frustriert das Handtuch werfen. Und Österreich ist in beiden Punkten ganz vorn dabei. Um das zu ändern, brauchte es freilich wenigstens ein bisschen Mut und politischen Gestaltungswillen. Kann es wirklich sein, dass der völlig verloren gegangen ist? Die Zukunft des
Alten Kontinents mutwillig aufs Spiel zu setzen: Das kann ja keiner wollen