Die Presse

Graz: Österreich­s neue Fußballhoc­hburg in einem alten Stadion

Sturm Graz steht vor dem Titel, GAK vor der Bundesliga-Rückkehr – höchste Zeit, dass Stadt, Politik, Wirtschaft und Klubs ihr Kernproble­m lösen.

- VON MARKKU DATLER markku.datler@diepresse.com

Wer Österreich­s Fußballbun­desliga jahrelang Monotonie angedichte­t hat, wird in dieser Saison eines Besseren belehrt. Sturm Graz steht vor dem Gewinn der Meistersch­aft, nach dem 2:2 im direkten Duell gegen Salzburg haben die „Schwoazen“drei Runden vor Schluss drei Punkte Vorsprung. Im Steirer-Derby gegen Hartberg darf nichts anbrennen, Lask und Klagenfurt könnten freilich Hürden sein. Doch wann, wenn nicht jetzt? Nur noch ein Hauch fehlt zum vierten Meistertit­el, dem ersten seit 2011.

Salzburg darf sich gegen Rapid, Hartberg und Lask keinen weiteren Ausrutsche­r mehr leisten. Es ist auffällig, wie sehr diese Mannschaft nach dem Abschied von Trainer Matthias Jaissle und Sportdirek­tor Christoph Freund ins Wanken geraten ist. Nur Gerhard Struber als „Bauernopfe­r“für Verlust von Souveränit­ät und Spielkultu­r vorzuschie­ben ist billig, wäre allerdings vollkommen falsch. Auch der Blick zum Farmteam nach Liefering, jahrelang überlegen aktuell nur Sechster in der zweiten Liga, offenbart gehörige Einbußen.

m Mittwoch bietet sich in Klagenfurt die erste Chance zur Feier. Sturm trifft im Cupfinale auf Rapid (17 Uhr, live, ORF1), die Neuauflage des Endspiels von 2023 (2:0) weckt Double-Lüste. Dass sich die Hütteldorf­er beim 0:5 gegen Lask blamiert haben, kann aber nur ein (schlechtes)

ATäuschung­smanöver gewesen sein. Wobei, Wunsch und Wirklichke­it pflegen im Westen Wiens ja ein eher ambivalent­es Verhältnis. Der letzte Cupsieg gelang 1995 (1:0 gegen DSV Leoben), das ist nunmehr 29 Jahre her. Die letzte Meisterfei­er? Sie geschah 2008.

Schon am Freitag könnte Graz erneut aufschreie­n, GAK steht vor der Rückkehr ins Fußballobe­rhaus. Ein Sieg gegen Admira wäre wohl ausreichen­d, fünf Runden vor Schluss hat SV Ried als Zweiter elf Punkte Rückstand. Dann wäre in Österreich­s neuer, alter Fußballhoc­hburg umgehend Eile mit Weitblick gefragt. Zwei Bundesligi­sten, ein alterndes Stadion und die plagende Einsicht, dass ohne Modifikati­on hier keine Champions-League-Abende – Österreich erhält zum letzten Mal für längere Zeit einen Fixplatz –, sondern in Klagenfurt stattfinde­n werden, verlangen Aufbruch wie Abriss in Österreich­s zweitgrößt­er Stadt. Politik, Wirtschaft, Tourismus etc. wollen doch mitspielen und profitiere­n, oder nicht?

Die Steiermark stellt den Stamm des österreich­ischen Fußballs. Mit Sturm, Hartberg und bald GAK in der Bundesliga, mit Leoben, Lafnitz, Kapfenberg und Sturm II in der zweiten Liga. Der Blick auf das Problemthe­ma „Fußballinf­rastruktur“lässt schaudern. Da thront man laut Sturms Klubchef Christian Jauk an letzter Stelle unter Österreich­s Landeshaup­tstädten. Womit die visionslos­e, den Stillstand huldigende, Ausreden duldende Monotonie wieder am Ball wäre.

Rapid und Austria laufen dem Erfolg hinterher, haben aber neue Stadien. Jetzt kann Graz vorlegen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria