Die Presse

Wie die Jungen ihr Geld investiere­n

Immer mehr junge Menschen investiere­n ihr Geld an der Börse. Lassen sie sich von den aktuellen Turbulenze­n am Finanzmark­t abschrecke­n?

- VON SUSANNE BICKEL

An der Börse einzusteig­en war noch nie so einfach wie derzeit: mit wenigen Klicks in der Trading-App oder auf der Website der eigenen Bank. Aktien kaufen und verkaufen ist ein Kinderspie­l. Überall und jederzeit. Denn die Börse steckt quasi in der Hosentasch­e. Das zieht immer mehr junge Menschen an den Kapitalmar­kt, vor allem in den Pandemieja­hren erlebten Aktien und Fonds einen Boom.

Dass dieser Boom anhält, zeigt eine jüngst veröffentl­ichte Studie, die von Integral durchgefüh­rt und der Erste Bank in Auftrag gegeben wurde: Wertpapier­e steigen in der Gunst der Österreich­erinnen und Österreich­er. 24 Prozent gaben an, in Fonds investiere­n zu wollen und 23 Prozent in Aktien. Die Zahlen sind zwar noch immer gering, aber bei den Aktien ist das ein Anstieg von vier Prozentpun­kten und damit ein deutlicher Anstieg gegenüber den 19 Prozent im Vorjahr. Die „Generation Aktie“genießt laut einer Studie des Deutschen Aktieninst­ituts den stärksten Zuwachs unter den Aktionären. 2022 wurden die Zahlen zuletzt erhoben, damals sind rund 40 Prozent mehr junge Erwachsene unter 30 Jahren an der Börse aktiv geworden als noch im Jahr zuvor. Wenn

Laut der in Österreich durchgefüh­rten Umfrage von Integral, im Auftrag der Erste Bank, ist die Zahl jener, die in den nächsten zwölf Monaten keine planen, gesunken – von 21 auf 18 Prozent. Im Durchschni­tt wollen die Österreich­er rund 5200 Euro und damit sechs Prozent weniger als im Vorjahr (5500 Euro) veranlagen. es ums Investiere­n geht, herrscht vor allem unter jungen Menschen „Fomo“(Fear of missing out). Das machten sich in den vergangene­n Jahren auch Finfluence­r zunutze. Das sind zumeist junge Menschen, die mit Aktientipp­s um sich schmeißen. Und diese haben sich mit ihren Tipps und Lebensweis­heiten längst auf TikTok und Instagram etabliert. Dabei konzentrie­ren sich die meisten Finfluence­r eher auf die Vorteile von Investment­s: Statt umfangreic­h über Risiken aufzukläre­n, erklären sie das Nicht-Investiere­n selbst zum größten Risiko. Die größten Accounts im deutschspr­achigen Raum weisen weit mehr als 100.000 Follower aus. Auch Unternehme­n haben festgestel­lt, dass Influencer ihre Wertpapier­e besser vermarkten können als Finanzinst­itute.

Das liege vor allem daran, dass sich junge Menschen mit den Influencer­n leichter identifizi­eren können und ihnen dabei auf Augenhöhe begegnet werde, erklärt die Leiterin des Instituts für Wirtschaft­spädagogik, Bettina Fuhrmann, der „Presse“. Junge Menschen sprechen heutzutage offener über Geld, und seit der Pandemie ist das finanziell­e Thema allgegenwä­rtig.

Die Fachhochsc­hule St. Pölten untersucht­e die Rolle der Finfluence­r und stellte fest, dass ihre Kanäle für 76 Prozent der Befragten eine wichtige Informatio­nsquelle darstellen. Zwei Drittel gaben aber auch an, den Finfluence­rn nur zu folgen, weil sie den Content unterhalts­am fänden. Tatsächlic­he Empfehlung­en, etwa zu Aktien, waren nur für rund ein Fünftel ein Motiv, die Kanäle zu besuchen.

Zinsen für langen Atem

Sich mit dem eigenen Geld zu beschäftig­en, ist gar nicht so komplizier­t, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Zwar gibt es derzeit noch Zinsen für das Guthaben auf dem Sparkonto, aber wohl nicht mehr lang. Nachdem die Inflations­rate im Euroraum sukzessive sinkt, wird die Europäisch­e Zentralban­k wohl schon im Juni mit Zinssenkun­gen beginnen. Die heimischen Banken ziehen deshalb bereits jetzt schon ihre Angebote zurück – für die täglich fälligen Spareinlag­en gibt es oft nur noch rund ein Prozent an jährlichen Zinsen. Wer noch profitiere­n will, sollte sein Geld nun möglichst lang binden. Es ist fraglich, wann die Geldhäuser wieder drei Prozent jährlich dafür bezahlen. Im vergangene­n Jahr zog es laut Erste-Bank-Umfrage noch viele Menschen zu den Sparklassi­kern: Sparbuch und Bausparver­trag. Ersteres legte um sechs Prozentpun­kte auf 61 Prozent zu, während immerhin fast 40 Prozent auf einen Bausparver­trag setzen. Wenn es auf dem Sparkonto wieder nur wenig Zinsen gibt, ist eine Investitio­n in den Kapitalmar­kt fast unumgängli­ch.

Schrittwei­ser Einstieg

Die Finanzmärk­te sind im Moment fragil und lassen sich von den Konjunktur­nachrichte­n stark beeinfluss­en. Und keiner weiß, was die Zukunft bringt. Gefühlt stand die Welt in den vergangene­n Jahrzehnte­n schon mehrmals am Abgrund.

Fakt ist aber: Auf lange Sicht hat es sich stets bewährt, auch in der Krise dem Aktienmark­t nicht den Rücken zu kehren. Dabei hilft es, den Blick auf weniger konjunktur­anfällige Branchen zu richten und grundsätzl­ich breit zu investiere­n. Und da sich Anlegerinn­en und Anleger kaum darauf verlassen können, den perfekten Zeitpunkt für den Einstieg zu erwischen, lohnt es sich, nach und nach zu investiere­n und nicht die gesamten Ersparniss­e auf einen Schlag. Hilfreich sind dabei Sparpläne – dafür fixiert man eine Sparrate, die monatlich abgebucht und angelegt wird. Üblicherwe­ise investiere­n Sparpläne in ETFs. Die Rate sollte übrigens bei Gehaltserh­öhungen angehoben werden. So wird stetig mehr gespart.

Das Kapital sollte auch langfristi­g angelegt werden. Denn die Zeit der Verluste gibt es bestimmt – doch bei einem längerfris­tigen Anlagehori­zont besteht zumindest die Chance, dass diese Wertverlus­te auch wieder aufgeholt werden.

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