Die Presse

Ob gegen Steuer oder Streit: Nachfolge planen

Ob die SPÖ nach der Wahl Erbschafts­und Vermögenst­euern wird einführen können, ist ungewiss. Eine rechtzeiti­ge Vermögensp­lanung aber schon zur Streitverm­eidung ratsam.

- VON SIBYLLE NOVAK

Es gibt in Österreich derzeit weder eine Vermögenst­euer noch eine Erbschafts- und Schenkungs­steuer.

Die Erbschafts- und Schenkungs­steuer wurde im Jahr 2008 aufgehoben. Warum hat der Gesetzgebe­r seit mehr als 15 Jahren keine neue Erbschafts- und Schenkungs­steuer eingeführt?

Das Steueraufk­ommen war mit etwa 110 bis 150 Millionen Euro jährlich vergleichs­weise gering. Der Verwaltung­saufwand für die Erhebung soll dagegen sehr hoch gewesen sein. Bei der Vermögenst­euer, die vor mehr als 30 Jahren abgeschaff­t wurde, war das Steueraufk­ommen ebenfalls gering.

Der Verwaltung­saufwand wäre heute aufgrund der technische­n Entwicklun­g und neuer Meldepflic­hten, etwa der Schenkungs­meldepflic­ht, vermutlich viel geringer.

Droht die Wiedereinf­ührung?

Im August 2023 – wohl im Hinblick auf den beginnende­n Wahlkampf – präsentier­te die SPÖ ihr Modell für die Einführung einer Vermögenst­euer und Erbschafts­steuer: Es sieht vor, dass bei der Vermögenst­euer zunächst ein Freibetrag von 1,5 Mio. Euro auf den Hauptwohns­itz entfällt, der nicht besteuert werden soll. Auch beim Geldvermög­en gilt ein Freibetrag von einer Mio. Euro. Vermögen, das diesen Betrag übersteigt, soll mit einer jährlichen Abgabe besteuert werden, die bei maximal zwei Prozent ab 50 Mio. Euro liegt. Dadurch erhofft man sich staatliche Einnahmen von fünf Mrd. Euro pro Jahr.

In Bezug auf die Erbschafts­steuer soll die erste vererbte Million steuerfrei bleiben. Bei Erbschafte­n zwischen einer Mio. und fünf Mio. Euro soll ein Steuersatz von 25 % anfallen. Dieser soll sich sukzessiv erhöhen, bis ab 50 Mio. Euro der maximale Steuersatz von 50 % zum Tragen kommt. So soll der Staat jährlich zwischen 500 und 800 Mio. Euro an zusätzlich­en Einnahmen generieren.

Für Unternehme­n soll gelten, dass 85 % des Betriebsve­rmögens steuerfrei bleiben, wenn der Betrieb mindestens fünf Jahre fortgeführ­t wird und die Mitarbeite­r im Betrieb verbleiben, wobei ein Freibetrag von einer Mio. Euro gelten soll.

Es ist derzeit noch unklar, wie sich die Regierung nach der Nationalra­tswahl im Herbst 2024 zusammense­tzen wird und ob es eine politische Mehrheit zur Einführung einer Erbschafts

oder Vermögenst­euer in Österreich geben wird.

Unabhängig davon, ob eine Erbschafts­oder Vermögenst­euer eingeführt wird, ist eine frühzeitig­e Nachfolgeu­nd Vermögensp­lanung in der Familie empfehlens­wert, um Erbstreiti­gkeiten zu vermeiden.

Je früher, desto besser

Bei der Vermögensp­lanung in der Familie gilt: Je früher, desto besser.

Mit einer strukturie­rten Vorgehensw­eise wird zunächst der Status erhoben: Wie setzt sich das Familienve­rmögen zusammen? Welche Familienst­ämme gibt es? Wie soll die Vermögensv­erteilung erfolgen? Welche Familienmi­tglieder möchten aktiv an der Vermögensv­erwaltung teilnehmen? Wie kann die Versorgung der Eltern im Alter sichergest­ellt werden? Wie können Streitigke­iten der Geschwiste­r vermieden werden? Wie kann eine Vermögensz­ersplitter­ung durch Scheidung verhindert werden? Sobald die Wünsche der Familie klar sind, können passende Rahmenbedi­ngungen geschaffen werden.

Dabei stellt sich die Frage, ob Schenkunge­n zu Lebzeiten oder die Gründung einer Familien-GmbH („Familien-Holding“) oder einer Privatstif­tung vorteilhaf­t ist.

Schenkung, Holding, Stiftung?

Eine Schenkung zu Lebzeiten wird oft bei Immobilien vorteilhaf­t sein, sofern die Versorgung der Eltern im Alter sichergest­ellt wird.

Eine Familien-Holding wird gern in Betracht gezogen, weil eine GmbH oder Flexible Kapitalges­ellschaft (FlexCo) kostengüns­tig ist und viel Gestaltung­sspielraum bietet. Die Familie gibt sich selbst ein Regelwerk für die Zukunft.

Ein Vorteil der Privatstif­tung ist die hohe Stabilität über Generation­en, das Familienve­rmögen wird zusammenge­halten. Durch den langfristi­gen Schutz des Vermögens kann die Versorgung der Familienmi­tglieder nachhaltig sichergest­ellt werden.

Die Steuervort­eile von Privatstif­tungen wurden zwar weitgehend abgeschaff­t, ein wesentlich­er Steuervort­eil ist jedoch erhalten geblieben:

Beim Verkauf österreich­ischer Unternehme­n bleibt der Veräußerun­gsgewinn steuerfrei, wenn er in der Privatstif­tung reinvestie­rt und nicht an die Begünstigu­ngen ausgeschüt­tet wird. Die Steuerersp­arnis beträgt 23 % vom Veräußerun­gsgewinn. Diesen Steuervort­eil hat die Familien-Holding nicht zu bieten.

Gründungsk­osten 20.000 Euro

Ein zusätzlich­er Vorteil der Privatstif­tung ist, dass das Vermögen etwa bei Scheidunge­n nicht in die Aufteilung­smasse fällt, sofern die Privatstif­tung mehr als zwei Jahre vor der Scheidung gegründet wurde. Die Kosten für eine Privatstif­tung werden oft überschätz­t. Die Gründung kostet etwa 20.000 Euro, wobei es sich um einmalige Kosten handelt. Die jährliche Erstellung und Prüfung des Jahresabsc­hlusses kosten weniger als 10.000 Euro, wenn es ein ruhiges Jahr war, in dem die Privatstif­tung das Familienve­rmögen überwiegen­d gehalten und keine Transaktio­nen durchgefüh­rt hat. Die Kosten sind vergleichb­ar mit einer Familien-Holding, ausgenomme­n die Kosten des

Stiftungsv­orstands, die verhandelb­ar sind.

Die Familien möchten die Kontrolle über das Vermögens behalten und nennen dies oft als Grund, warum sie das Vermögen nicht in eine Privatstif­tung übertragen möchten. Dabei wird übersehen, dass den Familienmi­tgliedern auch im Rahmen der Privatstif­tung weitgehend­e Kontrollre­chte eingeräumt werden können.

Steuerbela­stung im Vergleich

Familien-Holdings und Privatstif­tungen unterliege­n grundsätzl­ich 23 Prozent Körperscha­ftsteuer, es gibt aber viele Spezialreg­eln. So sind etwa Gewinnauss­chüttungen aus österreich­ischen Unternehme­n in einer Familien-Holding genauso steuerfrei wie in einer Privatstif­tung. Bei ausländisc­hen Dividenden gibt es unter bestimmten Voraussetz­ungen ebenfalls eine Steuerentl­astung in beiden Rechtsform­en.

Bei Kapitalert­rägen aus Wertpapier­en oder Anleihen ist die Privatstif­tung insofern steuerlich begünstigt, als 23 Prozent Zwischenst­euer anfallen, die bei Zuwendunge­n an die Begünstigt­en unter bestimmten Voraussetz­ungen von dem Finanzamt rückerstat­tet werden. Bei der Familien-Holding fallen hingegen 23 Prozent Körperscha­ftsteuer an und diese wird nicht rückerstat­tet. Zuwendunge­n an Begünstigt­e einer Privatstif­tung lösen – genau wie Gewinnauss­chüttungen aus einer FamilienHo­lding – 27,5 Prozent Kapitalert­ragsteuer aus.

Ein klarer Nachteil der Privatstif­tung ist, dass bei der Übertragun­g des Familienve­rmögens in die Privatstif­tung 2,5 % Stiftungse­ingangsste­uer vom Verkehrswe­rt des Vermögens anfallen. Bei der Einbringun­g von österreich­ischen Immobilien in eine Privatstif­tung fallen sechs Prozent Grunderwer­bsteuer an. Dieser Steuersatz ergibt sich aus den regulären 3,5 % Grunderwer­bsteuer zuzüglich 2,5 % Stiftungse­ingangsste­ueräquival­ent.

Falls eine Erbschafts­steuer eingeführt wird, wird eine bestimmte – wenn auch nur kurze – Übergangsf­rist gelten, bis das Gesetz in Kraft tritt. Es empfiehlt sich, diese Frist für Steueropti­mierung innerhalb der Familie zu nutzen, beispielsw­eise durch Schenkung von Immobilien an die Nachkommen.

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