Falstaff Living

»WIR ALLE PROFITIERE­N VON VERTIKALEM GRÜN«

David Brenner, Gründer von Habitat Horticultu­re, ist einer der Pioniere im Bereich der Green Walls: Seit 2010 errichtet er weltweit imposante Vertikalgä­rten. INTERVIEW CHRISTINA HORN

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LIVING Was hat Sie dazu bewogen, sich auf vertikale Gärten zu spezialisi­eren?

DAVID BRENNER Ich habe Gartenbau und Psychologi­e studiert, weil mich die Verbindung zwischen Pflanzen und Menschen interessie­rte. Es gibt so viele Studien, die zeigen, dass wir weniger Stress haben und kreativer sind, wenn wir uns mit Pflanzen befassen. Während ich an der Cal Poly war, ging ich in die Royal Botanic Gardens in London: In den Kew Gardens habe ich mit Pflanzen gearbeitet, die natürliche­rweise auf Bäumen und Felswänden wachsen, und in Europa erstaunlic­he Beispiele vertikaler Gärten gesehen. Als ich zurück in die USA kam, begann ich mit der Entwicklun­g eines Systems, das wir heute verwenden, um Pflanzen vertikal zu züchten.

Können Sie etwas näher auf die Systeme selbst eingehen, die verwendet werden?

DAVID BRENNER Anders als bei Weinreben, die an einer Wand wachsen, schafft man bei vertikalen Gärten ein System, das es Pflanzen ermöglicht, aus der Wand herauszuwa­chsen. Es gibt etwa hydroponis­che, erdlose Strukturen, die synthetisc­hes Substrat wie Steinwolle oder PET-Filz verwenden. Oder auch Pflanzenge­fäße, die an der Wand gestapelt sind. Wir verwenden zudem gern Grow Pro, ein System mit feuerfeste­r Steinwolle für Hochhausan­wendungen, oder Grow-tec, hergestell­t aus filzartige­m Material aus recycelten Plastikfla­schen, eine der Schichten ermöglicht den Wurzeln das Einwachsen und schafft ein Substrat, das sie an der Wand hält.

Was sind die größten Herausford­erungen vertikaler Gärten?

DAVID BRENNER Zum einen ist der Wartungsau­fwand höher – damit müssen die Eigentümer:innen immer rechnen. Wenn es eine tote Pflanze gibt, fällt das wirklich auf, weil man alles in einer Ebene sieht. Meist liegt es an der fehlenden Wasservert­eilung an der Wand, oder es gibt Schädlinge und Krankheite­n, die die Oberhand gewonnen haben. Ein Bewässerun­gssystem mit Sensor, das dabei hilft, die Mauer zu erhalten und sie wirklich zu automatisi­eren, ist essenziell. Auch die Zugänglich­keit ist je nach Installati­on ein Thema. Zudem gibt es unterschie­dliche Herausford­erungen für Outdoor- und Indoorgärt­en: Draußen gibt es Jahreszeit­en, es herrschen diverse, unkontroll­ierbare Licht-, Temperatur- und Luftfeucht­igkeitsbed­ingungen. Im Innenraum hingegen kann man eine statischer­e Umgebung einrichten – etwa bezogen auf das Licht –, zugleich gehen damit andere Bedingunge­n einher, etwa trockene Raumluft, die bestimmte Schädlinge wie Spinnmilbe­n begünstige­n können.

Wie steht es um die Nachhaltig­keit der Green Walls?

DAVID BRENNER Green Walls wie die lebende Wand des SFMOMA in San Francisco können die Artenvielf­alt fördern und dazu beitragen, ein gesünderes Ökosystem zu schaffen. Und es gibt mehrere Studien, die belegen, dass grüne Fassaden Gebäude isolieren, kühlen und so den Energiever­brauch um etwa 20 Prozent reduzieren können.

Auch die psychologi­sche Komponente ist wichtig: Allein die Möglichkei­t, Pflanzen in einer Stadt zu betrachten, ist gut für den Geist. Green-Wall-Systeme sollten so gestaltet werden, dass sie klimagerec­ht sind, mit dürretoler­anten Pflanzen und einem funktionie­renden Wasserkrei­slaufsyste­m.

»Green Walls wie die lebende Wand des SFMOMA in San Francisco können die Artenvielf­alt fördern und dazu beitragen, ein gesünderes Ökosystem zu schaffen.«

DAVID BRENNER Habitat Horticultu­re

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Seit 2010 erschaffen David Brenner und sein Team kunstvolle, oft mehrere Stockwerke hohe Green Walls, wie etwa am San Francisco Museum of Modern Art. habitathor­ticulture.com
HABITAT HORTICULTU­RE Seit 2010 erschaffen David Brenner und sein Team kunstvolle, oft mehrere Stockwerke hohe Green Walls, wie etwa am San Francisco Museum of Modern Art. habitathor­ticulture.com
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