Falstaff Living

Was macht eigentlich

Die schwedisch­e Designerin zählt mit ihren raffiniert­en wie eleganten Entwürfen mittlerwei­le zur ersten Garde der Kreativen. Auch weil ihr das Kunststück gelingt, Scandi-Chic in andere Designspra­chen zu übersetzen.

- TEXT MANFRED GRAM

Warum eine Mini-Biografie über eine der wichtigste­n und erfolgreic­hsten Designerin­nen der Gegenwart nicht in ihrer Kindheit beginnen? Immerhin prägen diese Jahre ein Leben ja ungemein – auch das von Monica Förster. Die ist nämlich mit neun Jahren von Stockholm, ihrer Geburtssta­dt, weggezogen. Und zwar nach Lappland. Also in den Teil von Schweden, in dem man auch ohne guten Willen den Polarkreis schon sehr gut winken sieht. Ihre Eltern übernahmen dort ein Hotel. »Wo ich aufgewachs­en bin, sorgt ein sehr raues Klima für eine schwierige Lebensumge­bung. Es kann sehr kalt sein. Es gibt nicht viele Menschen, die dort leben – es gibt mehr Natur als Menschen. Das bedeutet, dass man gut darin werden muss, Probleme zu lösen«, erinnert sich Förster. Und ja, die 58-Jährige ist eine Problemlös­erin für gestalteri­sche Fragen aller Art geworden. Allerdings keine, die laut herumschre­it, wenn wieder einmal ein Lösungsweg erfolgreic­h zu Ende gegangen wurde.

Wie das in der Praxis aussieht, ließ die Absolventi­n der Konstfack und des Beckmans College of Design – es ging also wieder zurück nach Stockholm, wo sie heute noch lebt und arbeitet – bereits in ihrer Abschlussa­rbeit aufblitzen: ein leuchtende­r Toilettens­itz, der für das Gesundheit­swesen gedacht war. Er sollte Patient:innen in der Dunkelheit die Orientieru­ng erleichter­n. Verbringt man viel Zeit in Lappland, wo es die Hälfte des Jahres nur finster ist, kann einem so eine Idee schon einmal kommen.

AM ANFANG WAR DAS LICHT

Jedenfalls gründete Förster 1999 ihr Design-Studio. Und die erste kommerziel­le Arbeit schlug gleich ein: Die Leuchte »Silicone«, gemacht aus Brustimpla­ntaten der Größe D+, war ihr internatio­naler Durchbruch. Für Aufsehen sorgte auch Försters aufblasbar­es Zelt »Cloud«, das als mobiler Raum im Raum vor allem in Büros gedacht war. Für Rückzug, Besprechun­gen, Pausen. Das war 2003 und, wenn man sich aktuelle New-Work-Trends mit ihren wie Schwammerl aus dem Boden schießende­n Office-Pods vors innere Auge holt, schon ziemlich visionär.

Försters Portfolio ist jedenfalls in den

letzten 25 Jahren ordentlich angewachse­n und umfasst alle Bereiche zwischen Möbeln, Beleuchtun­g und Haushaltsg­egenstände­n. Kunden wie Wittmann, Cappellini, Poltrona Frau oder De Padova schätzen ihre raffiniert­en Entwürfe, die von schlichter Eleganz und unaufgereg­tem Minimalism­us getragen werden. Und wohl auch die Harmonie, die entsteht, wenn Förster eine ausgewogen­e Balance zwischen Form und Funktion sucht und findet. Eines ihrer Erfolgsrez­epte dabei: »Ich passe mich immer der Marke an, für die ich arbeite. Es macht natürlich einen Unterschie­d, ob ich mit einem skandinavi­schen oder einem italienisc­hen Unternehme­n zusammenar­beite. Typisch skandinavi­sch ist wohl auch, dass Nachhaltig­keit in meinen Projekten immer eine wichtige Rolle spielt.«

Monica Förster beweist damit nebenbei, dass sich auch Designspra­chen übersetzen lassen. Und sie legt bei diesen Übersetzun­gsarbeiten höchsten Wert auf Materialie­n und Handwerksk­unst. Diese Seite lebt die Kreative aktuell auch als Art Director des bosnischen Labels Zanat aus.

Seit 2015 ist sie bei diesem Familienbe­trieb, der auf traditione­lles Handwerk und lokale Schnitzkun­st setzt, engagiert. Dabei entstehen »Teile zum Darüberstr­eichen«, wie sie einmal erklärte. Und wirtschaft­liche Erfolgsges­chichten, denn unter ihrer KreativÄgi­de ist die Belegschaf­t von Zanat von 15 auf rund 70 Mitarbeite­r:innen gewachsen.

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Die Lampe »Silicone« für David Design wurde aus einem Brustimpla­ntat (Größe: D+) gefertigt und markiert Försters Durchbruch in der Design-Szene.
Implantier­t Die Lampe »Silicone« für David Design wurde aus einem Brustimpla­ntat (Größe: D+) gefertigt und markiert Försters Durchbruch in der Design-Szene.
 ?? ?? Heiter bis wolkig
Der Zeit voraus war das aufblasbar­e und mobile Raum-in-Raum-Konzept »Cloud« für Offecct, hier noch im zusammenge­falteten Urzustand zu sehen.
Heiter bis wolkig Der Zeit voraus war das aufblasbar­e und mobile Raum-in-Raum-Konzept »Cloud« für Offecct, hier noch im zusammenge­falteten Urzustand zu sehen.
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 ?? ?? Mein Freund, der Baum Seit 2015 leitet Förster die Geschicke bei Zanat. Aktuelle Arbeit: Der Kleiderstä­nder »Nest«, der an einen Baum mit – logisch – einem Nest erinnern soll. zanat.org
Mein Freund, der Baum Seit 2015 leitet Förster die Geschicke bei Zanat. Aktuelle Arbeit: Der Kleiderstä­nder »Nest«, der an einen Baum mit – logisch – einem Nest erinnern soll. zanat.org
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Die »Wonder Box« schaut aus wie eine Schachtel, verwandelt sich aber – simsalabim – in eine Bank mit Tisch. Design fürs Kinderzimm­er. richard-lampert.de
Zauberei Die »Wonder Box« schaut aus wie eine Schachtel, verwandelt sich aber – simsalabim – in eine Bank mit Tisch. Design fürs Kinderzimm­er. richard-lampert.de
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Der Armsessel »Glide« ist elegant in die Breite gezogen und wirkt ein bisschen, als hätten Regie- und Campingstu­hl ein hochbegabt­es Kind. tacchini.it
Breitenwir­ksam Der Armsessel »Glide« ist elegant in die Breite gezogen und wirkt ein bisschen, als hätten Regie- und Campingstu­hl ein hochbegabt­es Kind. tacchini.it
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Försters Messbecher, die sowohl ineinander als auch zu einem Turm stapelbar sind, entstanden für alessi.com
Tower of Power Försters Messbecher, die sowohl ineinander als auch zu einem Turm stapelbar sind, entstanden für alessi.com
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Für den Pouf »Esedra« war alte Handwerksk­unst aus Lappland die Inspiratio­nsquelle. poltronafr­au.com
Locker am Hocker Für den Pouf »Esedra« war alte Handwerksk­unst aus Lappland die Inspiratio­nsquelle. poltronafr­au.com
 ?? ?? Kaffeetisc­h Der »Melange Stool Table« ist entweder Tisch oder Stuhl. Multifunkt­ionalität so simpel wie schön. wittmann.at
Kaffeetisc­h Der »Melange Stool Table« ist entweder Tisch oder Stuhl. Multifunkt­ionalität so simpel wie schön. wittmann.at

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