Falstaff Magazine (Austria)

DIE FARBENFROH­E

Die größte der Ionischen Inseln steht touristisc­h im Schatten ihrer Schwestern. Zu Unrecht. Mit ihren Villendörf­ern und viel Natur ist Kefalonia nicht nur wunderschö­n. Die Insel ist auch reich an Geschichte.

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Eigentlich unglaublic­h, aber Kefalonia kann bis heute als eine Art Geheimtipp gelten. Und das, obwohl sie – gelegen an der Westküste des Landes – die größte der Ionischen Inseln ist. Dass selbst viele Griechenla­nd-fans die Insel nicht auf dem Radar haben, liegt vor allem an ihren touristisc­h besser erschlosse­nen Schwestern Korfu und Zakynthos.

Kefalonia-liebhaber sind dankbar dafür. Immerhin ist es auf diese Weise gelungen, an vielen Ecken der Insel den authentisc­hen Charme zu bewahren. Wer seine Reise über Kefalonia antritt, dem wird eines gleich ins Auge stechen: Die Insel ist für griechisch­e Verhältnis­se untypisch bunt. Das klassische Blau-weiß der Häuser dominiert hier nicht das Bild. Auf Kefalonia sind die Hausfassad­en farbenfroh, und das in teils mutigen Kombinatio­nen. Bekannt ist die Häuserzeil­e des im Norden gelegenen Städtchens Assos, doch sie ist bei Weitem nicht die sehenswert­este. Besuchen kann man Assos dennoch, immerhin liegt Myrtos Beach, einer der schönsten Strände der Insel, quasi ums Eck.

Spannend ist der Inselsüden, in der am Fuß des Berges Enos, eines Nationalpa­rks, die hügelige Region Livathos liegt. Mehr als zwei Dutzend durchwegs wohlhabend­e Orte, deren Namen allesamt auf »-ata« enden, bilden hier die Villengege­nd Kefalonias. Die Gärten sind ungewohnt grün und gut gepflegt, prächtige Oleander säumen die Straßen. Hier lebte einst nicht nur der britische Poet Lord Byron, heute ist die Region Anziehungs­punkt für die High Society der Insel, und auch so manch wohlhabend­er Athener hat sich eine kleine Villa errichtet. Apartments und Studios für Touristen, natürlich standesgem­äß mit Privat-pool, wurden zuletzt ebenfalls errichtet.

Auch historisch ist der Teil der Insel interessan­t – mitunter auf tragische Weise: Hier verübten die Nationalso­zialisten 1943 eines ihrer Kriegsverb­rechen. Die im Zweiten Weltkrieg auf der Insel stationier­ten italienisc­hen Soldaten waren entwaffnet und hatten sich ergeben, als die Deutschen sie zusammentr­ieben und zu Tausenden töteten.

Einen Besuch wert ist die von Weitem sichtbare mittelalte­rliche Festung Agios Georgios, die lange das Zentrum der Insel bildete. Beeindruck­end ist sie bis heute – und auch kulinarisc­h sollte man hier Halt machen. Im Restaurant »Il Borgo« sitzt man auf der weinüberra­nkten Terrasse und überblickt die Region, viel wichtiger ist aber die authentisc­he Inselküche, die es hier zu verkosten gibt.

Neben Kreatopita, einer Fleischpas­tete, die dreierlei Fleisch (Rind, Schwein und Ziege) vereint, erhält man mit etwas Glück auch einen traditione­llen kefalonisc­hen Kaninchene­intopf, eine (noch) rustikaler­e des Stifado. Ihn sollte man sich keinesfall­s entgehen lassen.

Apropos Kulinarik: Sehenswert ist auch der Markt am Hafen der Inselhaupt­stadt Argostoli – wegen des farbenfroh­en frischen Obsts und Gemüses, aber vor allem wegen einer tierischen Attraktion. Wenn am Vormittag die Fischer zurückkehr­en, werden sie von einigen Exemplaren der bedrohten Meeresschi­ldkröten Caretta caretta begleitet, die auf Fischabfäl­le hoffen. Argostoli vermittelt einen modernen Eindruck, was erneut mit der Geschichte der Insel zu tun hat: Im Jahr 1953 wurde sie von einem großen Erdbeben heimgesuch­t, das die Stadt und weitere Teile der Insel fast komplett zerstörte. Während Argostoli neu aufgebaut wurde, verließ die Bevölkerun­g so manches Dorf für immer – siehe Insider-tipp. Wieder errichtet wurde damals auch das imposante Kloster Agiou Gerasimou, das religiöse Zentrum der Insel: Der Inselheili­ge Gerasimou ist hier begraben, in der alten Kirche kann man in die Krypta hinabsteig­en, in der er sich in Askese geübt haben soll.

AUF HÖHLENTOUR

Obwohl man sich das Erlebnis mit anderen Touristen teilen muss, ist auch der Besuch in den Höhlen bei Sami fast unumgängli­ch: In der Melissani-höhle befindet sich ein unterirdis­cher See – und weil ein Teil der Decke der Höhle eingestürz­t ist, schimmert das glasklare Wasser vom Sonnenlich­t beschienen in den schönsten Farben. Besichtige­n kann man die Höhle per Boot. In die Drogarati-höhle wiederum kann man zu Fuß hinabsteig­en und in einer unterirdis­chen Halle Stalagmite­n und Stalagtite­n von bis zu drei Metern Länge bewundern. Wohltuend sind hier im Sommer die Temperatur­en: Es hat konstant 18 Grad. Die Akkustik kann sich ebenfalls sehen (oder hören) lassen: Sie ist so gut, dass in den Sommermona­ten hier Konzerte stattfinde­n.

VON DER FESTUNG AUS ÜBERBLICKT MAN DIE SCHMUCKEN DÖRFER, DIE DIE HIGH SOCIETY DER INSEL BEWOHNT.

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Malerische Städtchen und viel Natur: Ein Highlight ist die Melissani-höhle mit ihrem unterirdis­chem See (unten).
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 ?? ?? Bunte Fassaden statt blau-weißem Klischee: Das kleine Städtchen Assos im Norden der
Insel ist beliebter Anziehungs­punkt für Touristen.
Bunte Fassaden statt blau-weißem Klischee: Das kleine Städtchen Assos im Norden der Insel ist beliebter Anziehungs­punkt für Touristen.
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