Heute - Wien Ausgabe

Heimopfer: „Will mich nicht noch einmal foltern lassen!”

- von Christine Ziechert

B ereits als Baby kam Johann K. ins Heim – und verbrachte dort Jahre voller Gewalt. Entschädig­ung hat der Wiener nie erhalten. Der Grund: Er weigert sich, ein Gespräch mit einem Psychologe­n zu führen. Im Winter bis 3 Uhr Früh mit bloßen Füßen am kalten Gang stehen oder mit der eigenen Zahnbürste das Klo putzen: „Auch die sogenannte DoppelWats­che im Erzieher-Raum war bei uns eine gängige Methode”, erzählt Johann K. Weil ihn seine Mutter als Baby weggegeben hatte, verbrachte der heute 70-Jährige viele Jahre in Heimen, unter anderem auf der Hohen Warte in Döbling. Ein Parade-Fall für eine Opfer-Entschädig­ung? „Ich habe bis heute keinen Cent erhalten”, meint der Automechan­iker. Der Grund: Für den Anspruch auf Entschädig­ung müsste sich der Wiener einem „Clearing- Gespräch” mit einem Psychologe­n unterziehe­n. „Ich lasse mich nicht noch einmal psychologi­sch foltern”, erklärt Johann K. Das Gespräch, in dem das Opfer von den Gewalt-Taten berichten soll, ist auch Bedingung für das seit 1. Juli in Kraft getretene Heimopfer-Rentengese­tz (monatliche Pension in Höhe von 300 €). „Nur der Beweis, dass das Opfer im Heim war, reicht nicht aus. Der Antragstel­ler muss auch glaubhaft machen, welche Gewalt ihm angetan wurde”, erklärt Johanna Wimberger aus dem Rentenkomm­issions-Büro der Volksanwal­tschaft. Seit Inkrafttre­ten des Gesetzes wurden laut Wimberger 70 Anträge auf Heimopfer-Rente gestellt – bisher ohne Probleme

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Gewaltopfe­r Johann K. ( 70): „Ich habe keinen Cent erhalten.”
 ??  ?? Die Hohe Warte: früher Kinderheim
Die Hohe Warte: früher Kinderheim

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