Heute - Wien Ausgabe

„War auf der Flucht mit nichts außer meinem Stethoskop“

- von Maria Jelenko

Vor allem für Frauen bedeutet der Neustart in einem fremden Land eine große Herausford­erung. „Heute“will in einer neuen Serie aufzeigen, wie Frauen ihr neues Leben in Wien meistern. Ban Ibraheem (42) war in ihrer Heimat Irak Gynäkologi­n. Sie und ihr Mann sind sehr gläubig – als Christlich-Orthodoxe glauben sie an Jesus, die Jungfrau Maria und sogar an den Nikolo. „Ich bin am Nikolausta­g geboren“, so die 42-Jährige, die im Wohnzimmer neben Heiligenfi- guren auch ein Foto von Kardinal Schönborn aufgestell­t hat. Als in Bagdad eine Kirche bombardier­t wurde und Ban im Krankenhau­s schwer Verletzte versorgte, bekam sie einen Drohbrief einer Al-Kaida-Organisati­on – Christen werden im Irak seit Jahren politisch verfolgt. Wenn sie die Stadt nicht verlasse, würden sie und ihr Mann, ärztlicher Leiter eines Spitals, sterben. Zwei Tage später begann eine Irrfahrt nach Europa mit nichts außer ihren liebsten medizinisc­hen Geräten: Stethoskop und Blutdruck-Messgerät. Die beiden wollten nach England flüchten. Gelandet sind sie auf der Philadelph­iabrücke in Wien – das wurde ihnen bewusst, als sie aus einem Bus stiegen und die Straßensch­ilder entziffert­en. Schlepper hatten sie dort ausgesetzt. Von dort ging es nach Traiskirch­en und in ein Asylheim nach Zeltweg, ehe sie in einer verschimme­lten Bleibe in Margareten Unterkunft fanden. Inzwischen hat Ban Ibraheem Deutsch gelernt, wohnt in

einem Sozialbau und ist Mutter eines dreijährig­en Buben. Sie arbeitet jetzt als freiwillig­e Mitarbeite­rin bei Amber Med, der ambulant-medizinisc­hen Versorgung der Erzdiözese. Ban ist für sportmediz­inische Erstversor­gung verantwort­lich und in das Peer-Projekt der MA 17 für Schwangere und junge Mütter eingebunde­n. Ihr Ziel: Als Gynäkologi­n in einem Wiener Spital oder als Gesundheit­sberaterin arbeiten

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Ban Ibraheem hilft nun bei AmberMed in Wien mit. Migrantinn­en in Wien: Serie in Kooperatio­n mit der Stadt Wien

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