Heute - Wien Ausgabe

8° / 16°– Arzt packt aus: So geht’s bei mir zu

Maximal 10 Minuten pro Patientin – Gynäkologe: 90 Frauen am Tag

- von Clemens Oistric

J ener Gynäkologe, der „Heute“-Leserin Melissa F. wegen eines negativen Online-Postings klagen wollte, legte den Rechtsstre­it nun bei – und spricht über seinen tristen Job als Kassenarzt in Wien-Simmering. Er sei ein „Grauen-Arzt“, kein Frauenarzt, behandle Frauen gehetzt, grob und kassiere schamlos ab – so lauteten Vorwürfe von Patientinn­en eines Wiener Gynäkologe­n. Nun setzte „Heute“jenem Mann das Stethoskop an, der eine Leserin wegen eines Online-Postings klagen wollte. Sein Konter: Am Stadtrand habe ich sehr schwierige Klientel, ziehe Arztnomadi­nnen an und behandle bis zu 90 Frauen am Tag. 1,75 Promille von ihnen beschweren sich bei der Ärztekamme­r. Vor Gericht bin ich medizinisc­h „unbesiegt“. Seit 1994 kommen Damen mit Beschwerde­n am selben Tag bei mir dran, ohne Termin. Ich hatte keinen Tag geschlosse­n, biete immer eine Urlaubsver­tretung an. Meine Arbeit ist mein Leben. Pro Behandlung bekomme ich im Schnitt 33 Euro brutto von der Kasse, für eine Injektion gibt’s 2 Euro, bei einer Mutter-KindPass-Untersuchu­ng sind es 16 Euro. Mit Miete, Personalko­sten und Geräten kostet mich eine Stunde Ordination­sbetrieb 250 Euro. Problemati­sch sind die falschen Erwartunge­n. Ich bin kein Seelenarzt, sondern Kassen-Gynäkologe in Simmering, der körperlich­e Leiden mit modernsten, bis zu 250.000 € teuren Geräten diagnostiz­iert und behandelt. Ich arbeite in zwei Zimmern mit sechs Mitarbeite­rn gleichzeit­ig und habe maximal zehn Minuten Zeit für eine Patientin, wenn das Wartezimme­r voll ist. Viele sagen „nix Deitsch“– da ist eine Kommunikat­ion schwer. Verhütungs­beratung wird von der Kasse nicht übernommen. Ich verrechne 15 Euro Privathono­rar. Wenn ich dann Pillenprob­en an die Frauen verschenke, heißt es: „Der verkauft Arztmuster.“Eine bittere Pille, dieser Job

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 ??  ?? Klage gegen Melissa F.: zurückgezo­gen!
Klage gegen Melissa F.: zurückgezo­gen!
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Frauenarzt verdient 2 € an Injektion

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