Das Rätsel um die Kern-Mappe
Kern gegen Kurz im ORF Hart, untergriffig, 2 Taferln, 1 Foto Kern überraschtmit Kanzler-Ansage
Letztes Wahl-Duell im ORF, Kanzler Christian Kern (SPÖ) gegen Sebastian Kurz (ÖVP). Wer einen Boxkampf erwartet hatte, wurde enttäuscht, Fans der gepflegten Gemeinheit kamen auf ihre Rechnung. Da saßen zwei, schon etwas ermattet von den Vorkämpfen und versuchten, Wirkungstreffer zu landen. Am Sonntag auf Puls 4 war man nahe an der echten Prügelei, diesmal blieb es beim Hinpratzerln. Auch gut. Kern gab sich als Millionärsjäger, letzte Festung vorm Abgrund Sozialabbau, warf Kurz immer wieder vor, nur Ausreden zu suchen. Der VP-Chef lächelte vieles weg, warf Kern „Dirty Campaigning“vor, hielt ihm aber auch seine ÖBB-Gage vor. „Sie haben sich gegenseitig mit Klagen zugedeckt“, startet Moderatorin Claudia Reiterer (hart, aber herzlich), will wissen: Das muss Kanzler können „Mut zur Veränderung. An Papieren hat es nicht gemangelt“, antwortet Kurz. Kern überrascht: „Einer von uns beiden wird der nächste Kanzler“(daheim fällt Strache da wohl ein Stück Pizza aus der Hand). In der Folge betonen Kern (Simmering) und Kurz (Meidling) ihre einfache Herkunft. Dann will Reiterer wissen: Wo soll der Staat kürzen? Beide weichen aus, sie setzt mehrfach nach, erfolglos. Kern will Millionärssteuern und höhere Konzernsteuern, Kurz, dass sich „die Politik die Latte hoch legt“. Der Kanzler öffnet seine Mappe (außen aufgeklebt eine Bastelei seiner Tochter Carla, 10). „Ich habe einen Taschenrechner zu Hause“, sagt er. „Vieles von dem, was die ÖVP vorschlägt, funktioniert nicht.“Kurz bringt seine Botschaft an: „Das Erste, was ich machen möchte, ist ein Familienbonus mit 1.500 Euro Steuerentlastung pro Kind.“
Jetzt wird es wild. 20.35 Uhr: Das erste Taferl. Kern wirft Kurz-Big-Spender Pierer (KTMChef) vor, kaum Steuern zu zah- len. „Dirty Campaigning“, kontert Kurz. „Fakten“, so Kern.
20.37 Uhr: Kurz kontert mit einem eigenen Taferl. Als Kern bei den ÖBB war, seien die Gehälter bei Managern um über 40 Prozent gestiegen, bei Mitarbeitern nur um 14 Prozent. Kern: „Das kenne ich schon, fantasielos.“
Es folgen ein paar Unfreund- lichkeiten („Herr Kurz, das wird jetzt lächerlich“). Kurz zeigt ein Foto von Kern beim Bier mit Strache. Dann fordert Kurz „Sanktionen für Bundesländer, die Förderungen nicht bekannt geben“(wissen die das?). Die Situation beruhigt sich. Beide wollen ausländische Konzerne höher besteuern, sind für Klimaschutz (no na). Sonst noch? Ein Disput um den letzten Parlamenstag heute. Die ÖVP will bei einigen Vorhaben (s. S.10) nicht mitstimmen. „Wir brauchen diese Politshow nicht“, sagt Kurz. Kern schüttelt den Kopf. „Türkis ist das neue Blau.“Ob er mit Kurz könne, fragt Reiterer. „Politik ist Vernunftehe, nicht Liebesheirat“, sagt Kern. Schlussgong. Auffallend: wenig Silberstein, wenig Migration (und da Altbekanntes). Es ist halt nicht das erste Duell
„Herr Kurz, das wird jetzt lächerlich.“Christian Kern