Mordanschlag auf den Falschen: Haft
Er wollte die Ehre seiner Schwester wiederherstellen – und entstellte im Wahn einen Falschen: Mit sieben Messerstichen verletzte Ersin C. den Elektriker-Lehrling Edon F. schwer. Gestern stand er vor Gericht.
Vor Gericht in Wien wirkte Ersin C. wie ein frommer Firmling: Der 20-Jährige kam in weißem Hemd und Krawatte. Die Anklage war wenig barmherzig, warf ihm versuchten Mord vor. Dabei, so der Angeklagte, wollte er an jenem verhängnisvollen Morgen doch nur einem Schulfreund eine „Abreibung“verpassen – weil der hinter seinem Rücken ein intimes Verhältnis mit seiner Schwester gepflegt haben soll. „Ich habe mir das fest eingebildet und mich hintergangen gefühlt“, so Ersin C.
Also schnappte er im Oktober 2016 sein Springmesser, tankte eine Flasche Whisky und wollte in Wien-Liesing Rache nehmen. Dabei geriet er buchstäblich an den Falschen: Statt seinen Kameraden brachte er dessen jüngeren Bruder auf die Intensivstation. Mit sieben Messerstichen. Einer verletzte die Bauchspeicheldrüse.
Während sich das Opfer zurück ins Leben kämpfte, kam der Messerstecher ein Jahr lang davon. Bis sich seine eigene Schwester beim Jugendamt verplauderte und dort sagte, ihr Bruder sei in einen Mordversuch verwickelt gewesen. Der unter paranoider Schizophrenie leidende Pizzabäcker schrieb nun einen Entschuldigungsbrief, den das Opfer aber nicht annahm. „Er hätte ein Jahr lang Zeit gehabt, das zu tun und sich zu stellen. Ein Jahr, in dem meine Familie und ich in ständiger Angst lebten“, erzählte Edon F. unter Tränen.
Das (nicht rechtskräftige) Urteil: acht Jahre Haft plus Anstaltseinweisung. Die Anwälte Rudolf Mayer und Nikolaus Rast meldeten Berufung an.
Dem mit körperlichen und seelischen Narben entstellten Edon F. wurden 50.000
Euro Schmerzensgeld zugebilligt