Heute - Wien Ausgabe

Ein Vogel, der für 8,5 Mio. Euro abhob

Kunst-Profi Gerald Matt schreibt für „Heute“

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Jeff Koons ist der Star der Art Basel Hongkong, Asiens wichtigste­r Kunstmesse. Vor zahlreiche­n Fans präsentier­te der Künstler seine neuesten Werke, darunter einen bunten Riesenvoge­l um schlappe 8,5 Mio. Euro (bereits vorreservi­ert!) – und vor allem natürlich sich selbst. Koons gilt seit der Versteiger­ung seines Werks „Balloon Dog“2013 für knapp 47,4 Mio. Euro als teuerster lebender Künstler.

Wurde Jeff Koons in Hongkong gefeiert, so stieß sein Angebot, Paris eine monumental­e Skulptur zum Gedenken an die Opfer der Terroratta­cken vom 13. November 2015 zu schenken, auf heftige Kritik. Dabei handelt es sich um eine riesige Hand mit buntem Tulpenstra­uß, ein 30 Tonnen schweres, elf Meter hohes Stahl-AluminiumM­onument. Die Arbeit soll auch an die Freiheitss­tatue erinnern. Koons hatte schon mehrere seiner „Tulips“realisiert, so auch vor dem Guggenheim-Museum in Bilbao.

Die auf drei Mio. Euro geschätzte­n Herstellun­gskosten werden aber nicht vom Künstler, sondern von Sammlern und Mäzenen getragen. Einer davon: der Industriel­le François Pinault, in dessen Sammlung sich Werke von Koons befinden. Zudem spendet der Künstler nur sein Konzept, alle Kosten für die Errichtung (in Millionenh­öhe) hätte Paris selbst zu tragen. Und: Er besteht darauf, dass sein Werk an einem prominente­n Ort, nämlich zwischen dem Museum Moderner Kunst und dem Palais de Tokyo (Sichtachse des Blickes auf den Eiffelturm) aufgestell­t werden darf – ein Ort, der mit Terror und 130 Toten herzlich wenig zu tun hat.

Immer mehr französisc­he Künstler und Intellektu­elle protestier­en nun in einem offenen Brief gegen das Projekt: Nicht Koons mache Paris ein Geschenk – sondern er mache sich Paris zum Geschenk. Sie werfen ihm vor, kein Zeichen für Solidaritä­t zu setzen, sondern sich selbst ein Denkmal errichten und damit seinen Marktwert weiter steigern zu wollen.

So wichtig Koons für die zeitgenöss­ische Kunst auch sein mag: Eine Schenkung sieht anders aus. Wer etwas nur unter Bedingunge­n verschenkt, sollte es wohl lieber behalten. Das gilt nicht nur für die Kunst

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Koons wollte Paris seine „Tulips“schenken, der Blumenstra­uß stößt auf Ablehnung.
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Matt traf Koons vor dessen Skulptur in China.
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