Biennale baut auf heimische Kreativität
Kunst-Profi Gerald Matt schreibt für „Heute“
Venedig ist immer eine Reise wert, besonders dann, wenn es um große Architektur geht. Die 16. Architektur-Biennale verwandelt die Stadt bis Ende November wieder in ein Eldorado für moderne Architektur. Unter dem Motto „Freespace“werden die Giardini, das Arsenale und Dutzende Orte in der Stadt von Toparchitekten aus der ganzen Welt bespielt. Über 50 Nationen präsentieren, worauf sie in Zukunft bauen wollen.
Doch vieles ist anders: Es schreit uns nicht an allen Ecken und Enden Glitzer und Glamour entgegen, es nervt auch kein Übermaß an lebensfremden Manifesten, denn: Das Motto „Freiraum“wurde ernst genommen. Utopie statt Ideologie, geistvolle Pragmatik statt geisttötender Theorie, Menschlichkeit statt Bevormundung, Vernetzung der Künste, Grenzüberschreitung der Ideen. Kommissärin Verena Konrad schickt für Österreich das Duo Henke Schreieck, Stardesigner Stefan Sagmeister (seine Schau „Glück“wurde nicht nur in Wien gefeiert) und Jessica Walsh sowie die Innsbrucker Architekten LAAC nach Italien.
Und: Konrads Konzept überzeugt. Der Österreich-Beitrag „Thoughts Form Matter“ist ein Plädoyer, Architektur nicht als banale „Dienstleistung“, sondern als geistige Leistung zu betrachten, die weit über den Bau hinauswirkt. So erinnern die drei Teams mit ihren Rauminstallationen und Projektionen eindrücklich daran, dass gute Architektur mit „ Atmosphäre“und „Schönheit“zu tun hat. Österreichs Biennalebeitrag überzeugt als Statement für eine Architektur, die für den Menschen und nicht gegen ihn da ist – Architektur, die ihr Umfeld mitgestaltet, eine lebenswerte Umwelt schafft und Menschen Intimität und Kommunikation, Menschlichkeit und Wohlgefühl vermittelt