Brüsseler Spitzen
Bei der Regierungsklausur unlängst traf ich einen lieben Kollegen. Auf wundersame Weise hatte sich in der Nacht davor die Albanienroute aufgetan. „Als Zeitung kommt man an diesem Thema ja nicht vorbei“sagte er. „Wieso? Schreib einfach nicht darüber“, antwortete ich ihm. Er sah mich an, als hätte ich ihm Ronaldo aus dem Panini-Album gekletzelt.
Medien ereifern sich seit Wochen über „Message Control“und darüber, wie schamlos sich die Regierung inszeniere. Trotzdem umschwirrten gestern 17 Reporter (und 3 vor Ort) ebendiese. Ab der Früh wurde fröhlich aus dem Flieger, in dem Kanzler, Vizekanzler und Minister saßen, getwittert und es wurden lustige Bilder gepostet. Heute werden die Zeitungen voll sein mit Berichten über ein Ereignis, dessen Inhaltsschwere sich in einem Satz (okay, wir haben fünf ausgegeben) stemmen lässt: Die Koalition hielt in Brüssel einen 20-minütigen Ministerrat ab und traf die EU-Kommission.
Ab heute wird bei der Regierungsenquete über die Zukunft der Medien debattiert. Ich fände es eine gute Idee, wenn Journalisten einmal ganz für sich allein eine Enquete abhalten und in ihren Beruf hineinhorchen. Es kann nämlich gut sein, dass Türkis und Blau ziemlich genau wissen, wie sie mit den Medien umgehen müssen. Die Medien aber nur ziemlich ungenau, wie sie mit dieser Regierung verfahren sollen