AMS bot Doktor Job bei Gurkenernte
■ Zwei Jahre arbeitslos ■ Promovierter Historiker: Angebot ist „Hohn“
Die Ernte am Jobmarkt hätte sich Doktor Siegfried Pichl nach Jahrzehnten im Beruf ergiebiger vorgestellt: Trotz Hunderter Bewerbungen findet er keine Arbeit. Nun soll er als Erntehelfer anheuern.
Dass eine lange Jobsuche mitunter erdet, ist bekannt. Dass sie derart erdig werden kann, hätte sich der Oberösterreicher Siegfried Pichl nicht gedacht. Vor über zwei Jahren verlor er seinen Job
im Büro des Linzer Vizebürgermeisters Detlef Wimmer. Sofort begann er damit, sich nach neuer Arbeit umzusehen. „Ich habe Hunderte Bewerbungen geschrieben und mich immer wieder vorgestellt“, erzählt der 50-Jährige.
Vor fünf Tagen bekam er vom Arbeitsamt (AMS) dann wieder einmal zwei Angebote übermittelt. „Eines als Teilzeitkraft in einer Fleischverarbeitungsfirma, das andere als Erntehelfer. Beide sind wie ein Hohn“, findet Pichl.
Besonders grotesk mutet der offerierte (befristete) Posten als Landarbeiter an. Aufgabengebiet für den promovierten Historiker: Gurken pflücken. Immerhin aber: „Sie werden für diese Tätigkeit angelernt, Beginn sofort, Entgelt 1.325 Euro brutto.“Siegfried Pichl: „Dass ich jobmäßig Abstriche machen muss, war mir klar. Dass ich aber mit unmöglichen Offerten derart drangsaliert werde, ist furchtbar.“Derzeit bezieht er 850 Euro Notstand: „Damit kann man nicht leben. Ich würde gerne als Sachbearbeiter oder Sekretär in einem Büro tätig sein.“
Das AMS teilte auf „Heute“-Anfrage mit, dass für langzeitarbeitslose Notstandshilfe-Bezieher der Berufsschutz nicht mehr gelte: „Ob Akademiker oder nicht – diesfalls darf Jobsuchenden auch jede Hilfsarbeiterstelle angeboten werden – das ist ausjudiziert.“