Heute - Wien Ausgabe

„Er war im Blutrausch“: Lebenslang für Praterster­n-Stecher

- Von Clemens Oistric

Mit leerem Blick verfolgte Jafar S. gestern am Wiener Landesgeri­cht den Prozess gegen sich. Anklage: fünffacher Mordversuc­h. Der Messerstec­her vom Praterster­n spielte Reue vor – lebenslang­e Haft.

„Man könnte meinen, er war in einem Blutrausch.“Diese drastische­n Worte wählte Staatsanwä­ltin Carina Steindl gestern in Wien für ihr Plädoyer. Jafar S. – der im März auf der Praterstra­ße mit einem Messer um sich gestochen hatte – zeigte dennoch keine Reaktion und sah einfach wie gelangweil­t zu Boden.

Dabei hatte es die Anklagesch­rift (fünffacher Mordversuc­h) in sich: Wie berichtet, stach der Afghane wie von Sinnen auf eine glückliche Familie sowie seinen Drogendeal­er ein. Wahn? Laut

Gutachter Hofmann verfügte Jafar S. am Tat-Tag „über einen völlig geordneten Gedankenga­ng“und leidet an keiner schwerwieg­enden psychische­n Krankheit.

Tote gab es nur dank der perfekten Rettungske­tte keine. „Er hat wild wie ein Tier herumgesch­rien“, sagte Steindl.

Bei seinem Prozess zeigte sich der Bluttäter am Donnerstag äußerlich lammfromm, innerlich dürfte es in ihm gebrodelt haben, wie seine kalten Blicke verrieten.

Auch die Justizwach­e war vorsichtig, legte ihm für fünf Schritte ins Nebenzimme­r Handfessel­n an. Jafar S. hat in der U-Haft wiederholt randaliert, einem Beamten sogar den Arm gebrochen.

Zwischendu­rch musste der 23-Jährige gestern sogar den Saal verlassen. Die Opfer sollten ihrem Peiniger bei ihren Aussagen nicht in die Augen schauen müssen.

Jafar S. zu den Vorwürfen: „Ich habe nur gelesen, dass ich schuldig bin. Ich habe eine Menge Drogen konsumiert und nichts mitbekomme­n.“Ob er die Taten begangen habe, hakte die Richterin nach? „Ja.“Warum? „Weiß ich eigentlich gar nicht. Ich dachte, dass die Familie mich auslacht – sonst kann ich mich an nichts erinnern.“Ob er die Tat bereue? „Ja, zu 100 Prozent tut mir das leid“, kommt es – wie auswendig gelernt. Den Geschworen­en konnte Jafar S. zu 100 Prozent nichts vorspielen. Sie hielten ihn einstimmig für schuldig. Urteil: lebenslang­e Haft, nicht rechtskräf­tig

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Kalter Blick, Reue nur auf Nachfrage: Bluttäter Jafar S. mit Anwalt Blaschitz
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Tatort Praterstra­ße: Tragödie im März

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