Niessl: „Über Umwege vom Abgang erfahren“
„Heute“: Herr Niessl, die SPÖ wirkte bei Kerns Abgang wie auf dem falschen Fuß erwischt.
Hans Niessl: Für die Funktionäre und Mandatare war das eine sehr große Überraschung. Auch ich habe mit einer solchen Vorgangsweise nicht gerechnet – es hat keine Anzeichen für einen solchen Schritt gegeben.
„Heute“: Es gab seit Monaten immer wieder Kritik an ihm.
Niessl: Das Gegenteil ist der Fall. Er hat bei unserem Parteitag im Burgenland erlebt, wie Harmonie und Miteinander aussehen. Es gab in der SPÖ zuletzt eine große Geschlossenheit. Wir sind davon ausgegangen, dass Christian Kern im Oktober bestätigt wird. Dass er jetzt so überhastet hinschmeißt, das ist nicht die Form von Miteinander, die wir pflegen.
„Heute“: Wann hat Kern Sie über seine Pläne unterrichtet?
Niessl: Gar nicht. Ich habe das über Umwege von Kollegen erfahren. Es war überraschend für mich, ich habe das in dieser Form nicht erwartet.
„Heute“: Worauf führen Sie die Entscheidung zurück?
Niessl: Wahrscheinlich ist der Grund, dass Christian Kern jetzt lieber europäischer Spitzenkandidat werden möchte.
„Heute“: Was braucht die Bundes-SPÖ jetzt?
Niessl: Rasche und klare Entscheidungen. Und eine Persönlichkeit an der Spitze, die stark und kantig ist. Wir müssen kompetent und glaubwürdig Politik machen. Die Arbeitnehmer verdienen, dass der Regierung eine kantige, kompetente Persönlichkeit entgegengesetzt wird. Auch wenn Wolfgang Katzian einen ausgezeichneten Job macht – die Gewerkschaft kann das nicht alleine leisten.
„Heute“: Der Name Hans Peter Doskozil fällt immer wieder.
Niessl: Er ist ein hervorragender Landespolitiker. Davor war er ein ausgezeichneter Bundespolitiker. Sie wissen, dass ich sehr viel von ihm halte und ihm sehr viel zutraue.
„Heute“: Auch SP-Chef?
Niessl: Natürlich. Letztlich ist das aber alleine seine Entscheidung und er hat klar gesagt, dass er im Burgenland bleibt
„Heute“: Wie wird der Parteitag Ende November ablaufen?
Niessl: Da wird der neue Vorsitzende gekürt – und der Spitzenkandidat für die EU-Wahl. Christian Kern muss auch erst einmal gewählt werden