„Heute“live in Mailand: Kein Bargeld, kein Handy
Das Wochenende, an dem das Virus über Italien kam: „Heute“-redakteur Fabian J. Holzer war privat in Mailand. Hier seine Schilderungen.
Ab nach Italien, ich freue mich. Es ist Freitag, 21. Februar.
Man liest in den Medien über das Coronavirus, Italien spielt in der Berichterstattung kaum eine Rolle. Ich sitze im Flieger nach Malpensa. Über Bordlautsprecher werden wir informiert, dass nach der Landung alle Passagiere auf
Fieber kontrolliert werden. Die meisten finden es okay, ein paar murren: Was das Zeit kostet.
Überraschend: Wir werden nicht gleich nach dem Aussteigen gecheckt, sondern erst kurz vor der Gepäckausgabe. Es gibt sechs Kontrollore, allesamt in Ganzkörper-sicherheitsanzügen und mit Mundschutz. Sie sind mit Laserthermometer „bewaffnet“. Es ist acht Uhr früh, alles geht schnell. Die Dame neben mir hat offenbar leicht erhöhte Temperatur, der Kontrollor nimmt Blickkontakt mit seinem Vorgesetzten auf, sie darf weiter. Was die Kontrollen bezwecken sollen, bei zwölf Tagen Inkubationszeit, fragt jemand. Nur Schulterzucken.
Mit dem Bus geht es in die Stadt, Mailand ist wie üblich verstopft. In der City ist wenig zu merken von Corona-angst. Die U-bahnen sind voll, die Lokale auch, die Fashion Week läuft weiter. Aber: Viele tragen Schutzmasken, nicht nur Asiaten, und ich merke, dass Menschen um Asiaten einen Bogen machen. In Mailand lebt Italiens größte chinesische Community, es gibt sogar ein eigenes Chinatown. In einem Modeladen erzählt eine Angestellte, dass die meisten nun kontaktlos bezahlen, um nicht mit dem „schmutzigen“Bargeld in Berührung zu kommen.
In vielen Cafés läuft keine Musik wie sonst, sondern auf Wunsch der Gäste werden die Sondersendungen über das Virus übertragen. Auf den Toiletten greift fast jeder zu Desinfektionsmitteln.
Samstagabend geht es zurück. Beim Einchecken nimmt das Bodenpersonal nur unwillig Smartphones mit Bordkarten darauf in Empfang, offenbar empfinden sie Papiertickets als „sauberer“.
Zurück in Wien: Es gibt keinerlei Kontrolle, nichts, null. Wir sind eine Insel der Seligen. Wie lange noch?