Bresnik: „Debatte über Thiem absurd“
Ex-trainer des Tennis-stars über aktuelle Krise und Jungstar Alcaraz
„Heute“: Sechs Spiele, noch kein Sieg. Wie verfolgen Sie das Tennis-comeback Ihres Exschützlings Dominic Thiem?
Günter Bresnik: „Ich sage für ein Match von ihm kein Abendessen ab, aber ich verfolge es. Dominic ist ein 700-Ps-porsche, der derzeit nur 500 PS hat. Aber er wird wieder in die Gänge kommen.
Ich sehe keinen Grund, dass er nicht wieder in die Top 20 kommt. Die geführte Debatte über ihn ist absurd.“
Was daran genau?
„Nehmen wir die Vorhand her. Er hat derzeit eine Sperre bei der Vorhand, die wird sich aber lösen. Er hat sich bei diesem Schlag verletzt, braucht das Handgelenk. Ich hatte Dominic 17 Jahre an der Kittelfalte. Er hat nichts beim ersten Mal gekonnt. Die Vorhand ist jetzt wie neu. Aber beim fünften, sechsten, zehnten Mal funktioniert es. Dann verlernt er es nicht mehr. Das ist seine große Stärke.“Also eh alles in Ordnung. „Nein. Er hat ein Zeitfenster, das für ihn angerichtet war, nicht genutzt. Sportlich hat er zwei, drei Jahre verloren. Menschlich weiß ich es nicht. Ecken sind in
Karrieren aber nie gut.“
Fast alle außer Nadal, Djokovic oder Federer haben sie.
„Ja, weil früh Ablenkungen ausprobiert werden, weil Follower wichtiger sind als Titel. Weil die Suderei von außen losgeht: ,Ist es nicht zu hart?‘ Weil Frauen aus Männern Narren machen. Bitte nicht falsch verstehen. Ich bin ein Frauenrechtler, habe vier Töchter. Aber eine Frau kann mit einem Satz zerstören, was ich vorher zehn Stunden eintrichterte.“
Gewinnt Carlos Alcaraz Paris? „Er zählt zu den Top-favoriten. Djokovic schlug er zuletzt mit seinen Waffen. Er lief die Bälle raus, überspielte ihn. Er ist angstbefreit, technisch top, wahrscheinlich der beste Athlet. Die größte Stärke sind die schnellen Beine. Sein Fleiß grenzt an Nadal-dimensionen. Ich glaube nicht, dass er die Fehler von Thiem oder Zverev machen wird. Zieht er das mit Coach Ferrero durch und verletzt sich nicht, gehören die nächsten Jahre ihm.“
Wie läuft es mit Gael Monfils? „Er ist 2022 super gestartet. In Indian Wells schlug er die Nummer eins, dann ist das mit dem Tennis eingeschlafen. Er wird Vater, Familie ist ihm wichtiger. Ich kritisiere das nicht, es ist sein Leben. Wir telefonieren trotzdem jeden Tag über eine Stunde, nur geht es dabei halt nicht um Tennis.“