Heute - Wien Ausgabe

Anatomie einer Hetzjagd

Justiz, Politik und Medien – die Jagdgesell­schaft, Teil 1

-

Sz-journalist­in Alexandra Föderl-schmid wurde unbarmherz­ig und gehässig gejagt. Ich kann gut nachvollzi­ehen, wie es ihr gehen muss, und möchte meine persönlich­e Sicht auf moderne mediale Hetzjagden in Österreich schildern:

Der Akt Vor knapp zwei Wochen hat die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKSTA) mehrere tausend Seiten zum Ermittlung­sakt genommen. Offiziell ist dieser nur für Beschuldig­te und deren Verteidige­r einsehbar. Da es aber Dutzende Involviert­e in dem Verfahren gibt, haben schon einige Stunden später Anwälte und Lobbyisten Inhalte offensiv diversen Medien angeboten. Auch über „Heute“und die „Kronen Zeitung“wurden neuerlich absurde Anschuldig­ungen verbreitet, die unseren Mitbewerbe­rn offensiv als Geschichte angeboten wurden und dankbar aufgegriff­en wurden.

Die Anfrage Wie das Amen im Gebet kam es nämlich zur ersten journalist­ischen Anfrage seitens des ORF (in Rechercheg­emeinschaf­t mit dem „Standard“und dem Podcast „Dunkelkamm­er“von Michael Nikbakhsh). An der Fragestell­ung alleine war schon das gewünschte Ergebnis zu erahnen. Es ging um angebliche Interventi­onsversuch­e seitens Dr. Tojner bei „Heute“für sein Eislaufpro­jekt – und: Er wäre gerne Rapid-präsident geworden. So was auch.

Die Antwort Ich schrieb dem Recherche-trio via E-mail das zurück, was ich immer antworte: dass nicht ich, sondern der Chefredakt­eur – über elf Jahre lang war das Christian Nusser – und sein Team eigenveran­twortlich die Zeitung gestalten.

Etwas süffisant merkte ich an, dass „Heute“grundsätzl­ich unterstütz­en

könne, wen es möchte – nach freiem Ermessen der Redaktion. Die andauernde Unterstell­ung

Der in Konkurrenz­medien gebetsmühl­enartig wiedergege­bene Vorwurf der käuflichen Berichters­tattung ist absurd und bei „Heute“schlichtwe­g nicht möglich. Ich bin – hochgegrif­fen – 20 Stunden pro Jahr im Newsroom. Unsere Zeitung produziere nicht ich.

Die Redaktion arbeitet eigenständ­ig. Auch die Staatsanwa­ltschaft wird diese Tatsache irgendwann zur Kenntnis nehmen müssen.

„Heute“lebt die Trennung

Das mag in manchen Verlagshäu­sern anders sein, wo ein und dieselbe Person Anzeigen verkauft und dann in die Redaktion geht, um Artikel zu schreiben. Das war, ist und wird bei „Heute“immer anders sein.

Christian Nusser hat in seiner – in der Branche sonst gerne zitierten – Kolumne wiederholt klargestel­lt, dass der Redaktion keine Positiv-berichters­tattung für Sebastian Kurz aufgetrage­n wurde (der Grundvorwu­rf in der „Inseratena­ffäre“). Das wurde natürlich von allen anderen Medien totgeschwi­egen – ebenso wie seine Replik auf die Eislaufver­ein-anfrage.

Nusser hat allen an der Recherche beteiligte­n Journalist­en geantworte­t, dass er Herrn Tojner kaum kenne; weder Tojner noch sein Umfeld hätten je bei ihm intervenie­rt. Er habe auch mit mir nie darüber gesprochen. Weil es den Reportern offenbar nicht ins vorgefasst­e Bild passte, wurde das Statement von Nusser einfach komplett ignoriert.

Die Lachnummer Noch bevor der

Beitrag im ORF zu sehen war, landeten

die gestellten Fragen und meine Antworten auf einer Kabarettbü­hne in der Kulisse Wien. „Heute“, „Krone“und die Familie Dichand wurden durch den Dreck gezogen. Auf der Bühne saßen Lena Schilling, Sigi Maurer (Grüne) und Henrike Brandstött­er (NEOS), die sich vor Lachen die Bäuche hielten. Die Videos der Inszenieru­ng machten schnell die Runde. Weniger lustig fanden das die denunziert­en Journalist­en bei „Heute“und „Krone“.

Im ORF folgte Stunden später ebenfalls ein Beitrag, in dem mehrmals angemerkt wurde, dass die Vorwürfe keinerlei strafrecht­liche Relevanz hätten. In der gesamten dreieinhal­bminütigen Berichters­tattung fand Nussers erklärende Stellungna­hme ebenfalls keine Erwähnung.

Und das in einem öffentlich-rechtliche­n Sender, der gerade über 700 Millionen Euro aus Gebührenge­ldern erhalten hat. Qualitätsj­ournalismu­s?

Eher zum Fremdschäm­en.

Ich frage mich schon: WARUM sind private, strafrecht­lich nicht relevante Mails in Österreich Teil eines Ermittlung­sakts?

Und: Was hat so ein Bericht in der ZIB verloren? Wenn es gegen „Heute“, „Krone“und die Familie Dichand geht, ist wohl jedes Mittel recht.

Es folgte, was folgen musste: „Der Standard“, von dem wir tendenziös­e Berichters­tattung – getragen von ideologisc­hen Kämpfern – gewöhnt sind, hat mit Cover und mehreren

Online-storys nachgelegt. Christian Nussers eigens übermittel­tes Dementi fiel auch hier unter den Tisch. Es war für den Autor „nicht als öffentlich­es Statement erkennbar“.

Wirklich schade, war der „Standard“doch früher eine ernstzuneh­mende Qualitätsz­eitung.

Die Akten der WKSTA enthalten seitenweis­e strafrecht­lich nicht relevante Informatio­nen. Ein Schelm, wer denkt, das wäre nicht bewusst so gemacht. Die Jagdgesell­schaft

braucht Ansporn und Ziele.

Am schlimmste­n für mich ist, dass die Privatadre­sse samt meiner Türglocke, Handynumme­rn, die Namen und Geburtsdat­en der minderjähr­igen Kinder sowie streng geschützte Steuerakte OHNE Schwärzung in diversen Aktenteile­n kursieren.

Ich bin ja hart im Nehmen, das jedoch gefährdet die Sicherheit meiner Familie.

Wann handelt Alma Zadić?

Man lernt aber schnell dazu: Die österreich­ische Datenschut­zbehörde hat selbst Behörden, Ämter und Beamte in den letzten Jahren verurteilt. Teils mit empfindlic­hen Strafen und Schadeners­atzzahlung­en. Meine Anwälte arbeiten bereits an den Anzeigen und Eingaben. Die Strafen betragen bis zu 10 Prozent vom Umsatz des Unternehme­ns – weit mehr als im Medienrech­t.

Da werden sich noch einige wundern. Gesetze gelten schließlic­h für alle – auch für die Jagdgesell­schaft.

Geehrte Frau Ministerin Zadić: Wie lange wollen Sie noch zuschauen, wie ein Rechtsmiss­brauch nach dem anderen begangen wird? Wann handeln Sie endlich und setzen den Missstände­n in Ihrem Verantwort­ungsbereic­h ein Ende?

Oder sind Gesetze zum Persönlich­keitsschut­z außer Kraft gesetzt, nur, weil es die Familie Dichand betrifft …?

 ?? Von „Heute“-herausgebe­rin Eva Dichand ??
Von „Heute“-herausgebe­rin Eva Dichand
 ?? ?? Schaut den Missstände­n in der Justiz tatenlos zu: Ministerin Alma Zadić von den Grünen
Schaut den Missstände­n in der Justiz tatenlos zu: Ministerin Alma Zadić von den Grünen
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria