Daheim im Aquarium
Schriller Abschied auf unbestimmte Zeit: Georg-Büchner-Collage im Theater Halle 11 auf dem Klagenfurter Messegelände.
MITTWOCH, 20. MAI 2015, SEITE 57
KARIN WALDNER- PETUTSCHNIG
Da ein grün gekachelter Seziertisch aus dem TV-Krimi, dort ein Mensch mit Hasenkopf à la David Lynch, das „Waffen nieder!“der Bertha von Suttner, ein wenig Asylanten-Thematik und 11.-September-Reminiszenz – mit Zitaten geizt sie nicht, die jüngste und (wegen der finanziellen Lage Kärntens) vorerst letzte Produktion des klagenfurter ensembles (gemeinsam mit dem Grazer Theater Kaendace) „Die Nerven der Fische“.
Eigentlich geht es ja um den Schriftsteller, Naturwissenschafter und Revolutionär Georg Büchner und dessen Geschwister, in diesem surrealen Stück von Josef Maria Krasanovsky und Alexander Mitterer. Der Schöpfer von „Dantons Tod“, „Woyzeck“u. a. hatte seine Dissertation über die Sehnerven der Barben geschrieben, sich beim Sezieren infiziert und ist 1837 mit nur 23 Jahren gestorben.
Ein wenig Vorwissen ist recht hilfreich beim Theaterbesuch, wirkt das turbulente Geschehen im Theater Halle 11 doch einigermaßen klamaukhaft-surreal. Georg war wohl der wildeste der Geschwister Büchner, zu denen noch Mathilde und Luise, Wilhelm, Ludwig und Alexander zählten. Allesamt tugendhafte Freigeister, die sich nach dem frühen Tod des Bruders mit dessenVerlobter Minnawegen eines unauffindbaren Büchner-Werkes über den Renaissance-Dichter Pietro Aretino und dessen erotische Sonette überwarfen.
Minna nimmt die fünf aus dem „Familienaquarium“in Geiselhaft – Gernot Piff in Spitzenkleid, mit Hasenkopf und Maschinengewehr ist als sinnlich-frivole schwarzeWitwe die spannendste Figur. Yael Hahn, Alexander Mitterer, Patrick Jurowski und Hausherr Gerhard Lehner haben Spaß am Outrieren bei diesem „Faschingsball“, bleiben aber blass, Klaudia Reichenbacher beeindruckt als mütterliche Schwester.
Autor Krasanovsky zeichnet auch für Bühne undRegie verantwortlich, überzeugt mit starken, teils poetischen Bildern aber mehr als mit dem überfrachtetdeftigen Textbuch.
Das ke-Theater mit so einer absurden Geschichte rund um einen genialen Revolutionär in eine Zwangspause mit ungewisser Zukunft zu entlassen, istwohl mehr Ironie der Spielplangestaltung als bewusstes Statement. Büchners „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“passt aber genau. Termine: 20.-23., 27.-30. Mai, 20 Uhr, Theater Halle 11, Messegelände Klagenfurt. 23.-27. Juni, 20 Uhr, ttz Graz