Kleine Zeitung Kaernten

Äußerer Druck und innere Spannungen

Nach dem Afrika-Gipfel wenden sich die EU-Staaten dem nächsten entscheide­nden Partner in der Flüchtling­skrise zu: der Türkei.

- PETER RIESBECK, VALLETTA

Sie versuchten ein einträchti­ges Bild zu vermitteln zum Abschluss des EU-AfrikaGipf­els. EU-Ratschef Donald Tusk trat vor die Presse und sprach von einem Erfolg.

Er war eingerahmt von Maltas Regierungs­chef Joseph Muscat und Senegals Präsident Macky Sall. Aber der befand: „Wir brauchen mehr Unterstütz­ung.“

Mit 1,878 Milliarden Euro wollen die EU-Länder die Staaten Afrikas unterstütz­en, um Fluchtursa­chen zu bekämpfen. Aber schon die krumme Zahl der Hilfsgelde­r zeigt, dass es klemmte beim Treffen zwischen Europa und Afrika in Maltas Hauptstadt Valletta. 1,8 Milliarden Euro hatte die EU-Kommission bereitgest­ellt und auf die gleiche Summe aus den Mitgliedst­aaten gehofft.

Stattdesse­n sagten die nationalen Regierunge­n 78 Millionen Euro zu, Griechenla­nd, Zypern und Kroatien mochten sich erst gar nicht am Afrikafond­s beteiligen. Solidaritä­t kennt Grenzen.

Das zeigt, wie schwierig die Lage ist. Zwar sprach die deutsche Kanzlerin Angela Merkel von einer „neuen Phase der Zusammenar­beit“. Aber der Aufbruch ist schwierig. Nicht nur finanziell. Zu lange haben sich die Staaten Europas auf die Rolle des Geldgebers beschränkt. Nun aber, in der Flüchtling­skrise, geht es um Kooperatio­n. Und das bedeutet abriegeln und abschieben.

Diskrimini­erung

„Europa beharrt zu sehr auf diesem Aspekt“, sagt Sall. Er nannte es diskrimini­erend, Flüchtling­e aus Afrika zurückzusc­hicken, während Flüchtling­e aus Syrien in Europa bleiben dürften.

Am Abend zuvor war Nkosazana Dlamini-Zuma, die Generalsek­retärin der Afrikanisc­hen Union (AU), noch deutlicher geworden. „Wir lehnen Auffangzen­tren für Flüchtling­e auf afrikanisc­hem Boden ab“, hatte die frühere Ehefrau des südafrikan­ischen Präsitag denten erklärt und mehr Möglichkei­ten der legalen Zuwanderun­g gefordert.

Schließlic­h sind die Überweisun­gen der Flüchtling­e in Europa nach Afrika ein wichtiger Devisenfak­tor. Und so wurde emsig gehandelt. Um Geld. Und um politische Geschäfte. Legale Zuwanderun­g gegen Kooperatio­n bei Abschiebun­gen, lautete der Deal, „bevorzugt freiwillig­e Rückführun­gen“, hieß das beschönige­nd in der Sprache der Diplomaten.

„Die Zukunft der Migration liegt in der Legalität“, sagte Merkel. Sie sprach von den vereinbart­en Stipendien­programmen für Studierend­e, von Praktika und sie gestand auch ein: Der Gipfel bedeute „nicht, dass das Problem gelöst ist“. Ganz und gar nicht. Das zeigte sich schon am Nachmittag, als die Staats- und Regierungs­chefs der EU zu einem Sondertref­fen in Valletta zusammenka­men. Einziges Thema: die Flüchtling­spolitik. Der äußere Druck erzeugt nämlich kräftige innere Spannungen. Außerdem braucht Europa die Türkei und Präsident Recep Tayyip Erdog˘an. Das wurde am Nachmit- beim Sondertref­fen in Malta deutlich.

Frans Timmermans, der Erste Vizepräsid­ent der EU-Kommission, unterricht­ete die Staats- und Regierungs­chefs über seine Verhandlun­gen mit der Türkei. Timmermans war direkt aus Ankara nach Valletta gekommen und überbracht­e knallharte Forderunge­n für den sogenannte­n Türkei-Aktionspla­n. Erstens: ein gemeinsame­r Gipfel mit Erdog˘an in Brüssel im November.

Zweitens: ein konkretes Datum für das nächste Kapitel der EUBeitritt­sverhandlu­ngen. Drittens – geht es ums Geld: Drei Milliarden Euro fordert die Türkei zur Unterstütz­ung für die 2,5 Millionen syrischen Flüchtling­e in ihrem Land. Schon am Wochenende am Rande des G20-Treffens im

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Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel
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