Äußerer Druck und innere Spannungen
Nach dem Afrika-Gipfel wenden sich die EU-Staaten dem nächsten entscheidenden Partner in der Flüchtlingskrise zu: der Türkei.
Sie versuchten ein einträchtiges Bild zu vermitteln zum Abschluss des EU-AfrikaGipfels. EU-Ratschef Donald Tusk trat vor die Presse und sprach von einem Erfolg.
Er war eingerahmt von Maltas Regierungschef Joseph Muscat und Senegals Präsident Macky Sall. Aber der befand: „Wir brauchen mehr Unterstützung.“
Mit 1,878 Milliarden Euro wollen die EU-Länder die Staaten Afrikas unterstützen, um Fluchtursachen zu bekämpfen. Aber schon die krumme Zahl der Hilfsgelder zeigt, dass es klemmte beim Treffen zwischen Europa und Afrika in Maltas Hauptstadt Valletta. 1,8 Milliarden Euro hatte die EU-Kommission bereitgestellt und auf die gleiche Summe aus den Mitgliedstaaten gehofft.
Stattdessen sagten die nationalen Regierungen 78 Millionen Euro zu, Griechenland, Zypern und Kroatien mochten sich erst gar nicht am Afrikafonds beteiligen. Solidarität kennt Grenzen.
Das zeigt, wie schwierig die Lage ist. Zwar sprach die deutsche Kanzlerin Angela Merkel von einer „neuen Phase der Zusammenarbeit“. Aber der Aufbruch ist schwierig. Nicht nur finanziell. Zu lange haben sich die Staaten Europas auf die Rolle des Geldgebers beschränkt. Nun aber, in der Flüchtlingskrise, geht es um Kooperation. Und das bedeutet abriegeln und abschieben.
Diskriminierung
„Europa beharrt zu sehr auf diesem Aspekt“, sagt Sall. Er nannte es diskriminierend, Flüchtlinge aus Afrika zurückzuschicken, während Flüchtlinge aus Syrien in Europa bleiben dürften.
Am Abend zuvor war Nkosazana Dlamini-Zuma, die Generalsekretärin der Afrikanischen Union (AU), noch deutlicher geworden. „Wir lehnen Auffangzentren für Flüchtlinge auf afrikanischem Boden ab“, hatte die frühere Ehefrau des südafrikanischen Präsitag denten erklärt und mehr Möglichkeiten der legalen Zuwanderung gefordert.
Schließlich sind die Überweisungen der Flüchtlinge in Europa nach Afrika ein wichtiger Devisenfaktor. Und so wurde emsig gehandelt. Um Geld. Und um politische Geschäfte. Legale Zuwanderung gegen Kooperation bei Abschiebungen, lautete der Deal, „bevorzugt freiwillige Rückführungen“, hieß das beschönigend in der Sprache der Diplomaten.
„Die Zukunft der Migration liegt in der Legalität“, sagte Merkel. Sie sprach von den vereinbarten Stipendienprogrammen für Studierende, von Praktika und sie gestand auch ein: Der Gipfel bedeute „nicht, dass das Problem gelöst ist“. Ganz und gar nicht. Das zeigte sich schon am Nachmittag, als die Staats- und Regierungschefs der EU zu einem Sondertreffen in Valletta zusammenkamen. Einziges Thema: die Flüchtlingspolitik. Der äußere Druck erzeugt nämlich kräftige innere Spannungen. Außerdem braucht Europa die Türkei und Präsident Recep Tayyip Erdog˘an. Das wurde am Nachmit- beim Sondertreffen in Malta deutlich.
Frans Timmermans, der Erste Vizepräsident der EU-Kommission, unterrichtete die Staats- und Regierungschefs über seine Verhandlungen mit der Türkei. Timmermans war direkt aus Ankara nach Valletta gekommen und überbrachte knallharte Forderungen für den sogenannten Türkei-Aktionsplan. Erstens: ein gemeinsamer Gipfel mit Erdog˘an in Brüssel im November.
Zweitens: ein konkretes Datum für das nächste Kapitel der EUBeitrittsverhandlungen. Drittens – geht es ums Geld: Drei Milliarden Euro fordert die Türkei zur Unterstützung für die 2,5 Millionen syrischen Flüchtlinge in ihrem Land. Schon am Wochenende am Rande des G20-Treffens im